Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Zeit zum Aufbruch

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Die Entscheidung des Vatikans zur Auflösung des Birgitten-Klosters in Altomünster war ein Schock. Aber genau besehen, bietet sie auch Chancen für die Zukunft. Nur muss jetzt Rom endlich sagen, wie es weiter gehen soll

Von Robert Stocker

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und setzte einen ganzen Ort unter Schock: Mehr als ein Jahr ist es inzwischen her, dass das Schicksal des Klosters Altomünster besiegelt wurde. In einem Dekret kündigte die vatikanische Ordenskongregation die Auflösung der Ordensgemeinschaft an. Damit geht eine mehr als 500-jährige Geschichte zu Ende. Viele wurden von dem römischen Verdikt überrascht. Doch Insidern in der Erzdiözese war schon seit langem klar, dass das Birgitten-Kloster in Altomünster keine Zukunft hat. Der Orden hatte keinen Nachwuchs mehr, im Kloster lebte nur noch eine Schwester. Die Entscheidung hatte auch einen anderen Hintergrund: Die Kirche wollte Planungen ein Ende setzen, mit denen sie nicht einverstanden war. "Die Einmischung Dritter" in die Belange des Klosters war unerwünscht.

Das Nachwuchsproblem in Altomünster ist kein Einzelfall. Viele Orden befinden sich in einer schwierigen Lage. Die Gemeinschaften sind überaltert, der Unterhalt der Klöster kostet viel Geld. Das klösterliche Leben wird in Altomünster bald beendet sein. Doch damit ist das Kloster selbst nicht verloren. Im Gegenteil: Die Entscheidung Roms bietet eine Chance zum Aufbruch. Wie er aussehen könnte, zeigt das Beispiel Benediktbeuern. In dem ehemaligen Benediktinerkloster wirkt zwar noch die Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos; die Anlage bietet aber nicht nur ein geistliches Zentrum, sondern auch Jugend- und Bildungseinrichtungen an. Das Birgittenkloster in Altomünster könnte nicht nur kulturell, sondern auch kirchlich oder für soziale Zwecke genutzt werden. Nicht nur die Erzdiözese, sondern auch die Gemeinde hat ein vitales Interesse daran, dass die ehrwürdigen Gemäuer im Ortszentrum nicht zur Ruine verkommen. Der Vatikan muss jetzt zu einer Entscheidung kommen. Die Menschen wollen wissen, wie es weitergeht.

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Quelle:
SZ vom 31.12.2016
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