Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld:Hochwassergefahr in der Ortsmitte

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Die Naturexpertin Christine Margraf appelliert an die Gemeinde, verbliebene Flächen zu schützen

Überflutete Keller sind die Karlsfelder inzwischen schon fast gewohnt. In den vergangenen Jahren liefen immer wieder Häuser voll, oftmals bedingt durch den extrem hohen Grundwasserstand im Gemeindegebiet, manchmal aber auch bedingt durch Hochwasser. Christine Margraf vom Bund Naturschutz in Bayern führt die Häufungen auf den Klimawandel zurück, hält einen Großteil der Probleme aber auch für hausgemacht.

Beim jüngsten Empfang des Bündnisses für Karlsfeld mit dem Thema "Land unter in Karlsfeld? Bauen und Leben in Zeiten des Klimawandels" appellierte sie, verbliebene Freiflächen zu schützen und die Bodenqualität wieder so zu verbessern, dass mehr Wasser gespeichert werden kann - als Hochwasserschutz und zur Kühlung im Sommer. Das Bündnis sieht sich in seiner kritischen Haltung gegenüber Plänen für weitere Gewerbegebietsausweisungen im Dachauer Moos bestätigt: Karlsfeld und Dachau planten und bauten "scheinbar ohne Rücksicht auf die Natur und wider besserem Wissen sogar in den wichtigen regionalen Grünzug hinein", heißt es in der Pressemitteilung der Gruppierung.

Die Referentin vom BN erläuterte, dass auch der Großraum München vom Klimawandel betroffen sein. Schon jetzt sei bemerkbar, dass Bayern wesentlich stärkeren Wettereinflüssen ausgesetzt sei mit längeren und häufigeren Dürreperioden im Sommer und wesentlich mehr Wasser im Herbst und Frühling. Sowohl die Niederschlagsmengen, als auch der Wasserabfluss aus den Alpen verschiebe sich vom Sommer Richtung Herbst und Winter. Das führe zu einem verstärkten Hochwasserrisiko im Herbst und Winter - zumindest solange, bis die Gletscher in den Alpen abgeschmolzen seien. "Nach dem Abschmelzen der Gletscher werden wir dann im Sommer ausgetrocknete Bäche und Flüsse im Alpenvorland erleben, mit nicht minder dramatischen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. Paradoxerweise sinkt aber das Hochwasserrisiko im Sommer nicht, da der wenige Regen häufiger als Starkregen eintreten wird mit hohem Schadenspotenzial, wie viele Mitbürger es in Bayern im Sommer 2016 erleben mussten."

Margraf schlug als Gegenmaßnahmen mehr Anstrengungen in den Bereichen Bodenschutz, Freiflächenschutz, Siedlungsplanung (mehr Grün in der Stadt, weniger Versiegelung, weniger Verkehr), dezentraler Hochwasserschutz und Naturschutz vor. Im Hochwasserschutz in Karlsfeld sei zu untersuchen, wie mit den bekannten hochwassergefährdeten Flächen zu verfahren sei. Nach Auskunft von Margraf haben viele Gemeinden und Städte längst Überschwemmungsgebiete festgesetzt, in denen eine weitere Bebauung nicht zulässig ist. Das würde in Karlsfeld auch Flächen im zentralen Bereich der Gemeinde betreffen. Die betroffenen Gebiete sind im Internet im Informationsdienst "Überschwemmungsgefährdete Gebiete" des Landesamts für Umweltschutz veröffentlicht.

Alarmiert waren die Zuhörer auch dadurch, dass das Karlsfelder Gebiet in vielen Untersuchungen des Großraums München negativ hervorsticht. Der Raum Karlsfeld-Dachau gehört in der Region mit zu den Gebieten, wo die Versiegelung und die Oberflächenstrahlungstemperatur bereits heute sehr hoch sind.

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SZ vom 08.02.2017 / gsl
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