Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld:Der Gummibärchen-Krimi

Lesezeit: 2 min

"Mini-Karlsfeld" ist erschüttert: Zwei Jungs haben alle Süßigkeiten gestohlen und sind geflüchtet. Die Polizisten der Spielestadt machen sich auf die Suche nach den Tätern, und wie im echten Leben ist es auch in diesem Fall ein Zeuge, der zur Aufklärung der unerhörten Tat beiträgt

Von Benjamin Emonts, Karlsfeld

Helle Aufregung in "Mini-Karlsfeld": Ein großer Pott Gummibärchen wurde aus der Disco gestohlen. Jasmina, die hinter der Bar arbeitet, hat alles beobachtet. Zwei bislang unbekannte Täter, teilt sie der Polizei mit ihrem Handy mit, haben mit einem Hammer und einer Feile das Aquarium aufgebrochen und einfach die Gummibärchen gestohlen. Polizist Kevin, der eine Seemannsmütze trägt (Polizeimützen waren ausverkauft), und sein Kollege Samuel durchtigern sofort das Gelände. Es ist höchste Eisenbahn. Doch von den Dieben - keine Spur.

In Mini-Karlsfeld...

...war viel geboten am Freitagvormittag.

Polizei-Pressesprecher Daniil präsentierte der Presse stolz das konfiszierte Diebesgut: Schokonüsse.

Selbst die Großfahndung mit dem Pädagogikhund Ganja von Streetworkerin Christiane Hagitte bringt zunächst nichts ein. Bis schließlich der nächste Hinweis eingeht. Die aufmerksame Jasmina, die sich längst selbst auf die Suche gemacht hat, ist den Einbrechern auf die Schliche gekommen. "Sie sind im Bauwagen. Und die haben eine große Tüte Schokonüsse gestohlen", berichtet sie hastig. Kevin und Samuel, die zwei wackeren Polizisten, eilen mit Spielzeugpistole und Gummihammer zum Tatort. Das Stündchen der Diebe hat jetzt endgültig geschlagen. Die Süßigkeiten, die sie bereits am Tatort verschlungen haben, machten sie wohl zu behäbig, um zu fliehen. Also nehmen Kevin und Samuel die Täter fest und bringen sie auf die Wache. Die süße Beute haben sie vorher natürlich konfisziert.

Auf dem Revier werden die Gummibärchendiebe - sie heißen Yan und Amr, wie man inzwischen weiß - verhört. Daniil, gerade sechs Jahre alt und schon Polizei-Pressesprecher, gibt per Mikrofon eine Erklärung ab. "Die Täter konnten mit dem Zug nach Italien entkommen. Die Polizei war zu langsam, weil sie kein Ticket hatte." Moment. Pressesprecher Daniil wird bewusst, dass er sich im Fall geirrt hat - und erklärt nun, dass die Täter gefasst seien.

In der Zeitungsredaktion in Mini-Karlsfeld ist jetzt Eile geboten. Schließlich, mahnt SZ-Mitarbeiter und Mini-Karlsfeld Chefredakteur Benjamin Emonts, wolle der Leser auf dem neuesten Stand sein, "erst recht, wenn es um eine Räubergeschichte mit Süßwaren geht". Um die entsprechende Meldung zu verfassen, helfen alle zusammen: Selbst die Polizisten David (10) und Samuel (8), die Räuber Yan (8) und Amr (11), Pressesprecher Daniil und Augenzeugin Jasmina (12) werden nun zu eifrigen Journalisten. Sie wissen: Je schneller der Artikel fertig ist, desto schneller gibt's die Belohnung: Gummibärchen und Schokonüsse.

Ehe man sich versieht, ist der Bericht verfasst. Er lautet wie folgt: Zwei Diebe sind am Donnerstag um 11.07 Uhr in die Bar von Mini-Karlsfeld eingebrochen und haben 67 Gummibärchen geklaut, darunter Rennautos, Dinosaurier, Schnuller, Kamele und Cola-Flaschen. Wie die Polizei mitteilt, erhielt sie unmittelbar nach dem Einbruch den Anruf einer Augenzeugin, die hinter der Bar gearbeitet hatte. Sie berichtete, dass zwei Diebe mit Hammer und Feile das Aquarium zerschlagen und Gummibärchen daraus gestohlen haben. Die Täter sind abgehauen. Die Polizei nahm die Verfolgung auf, fand aber die Diebe nicht. Zwei Minuten später rief die Zeugin wieder an: "Die gleichen Diebe haben im Bauwagen Nüsse gestohlen, die mit Schokolade ummantelt sind." Die Polizei war wegen des Gummibärchen-Coups schon in der Nähe. Sie hat die Täter festgenommen und zum Revier gebracht, die Nüsse und die Gummibärchen konfisziert. Zwei Jungs aus Karlsfeld, sieben und elf Jahre alt, haben die Süßigkeiten geklaut. Die Polizei überprüfte die Ausweise und nahm die Personalien auf. "Warum habt ihr das gestohlen?", fragte Ermittler David. Räuber Yan gestand: "Weil es so lecker ist."

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Quelle:
SZ vom 22.08.2015
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