Süddeutsche Zeitung

Marktplatz in Indersdorf:Wie die Gewerbetreibenden unter den Bauarbeiten leiden

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Die Baustelle auf dem Marktplatz in Markt Indersdorf sorgt für Unmut bei den Gewerbetreibenden und Anliegern. Bürgermeister Franz Obesser rechnet mit einer Fertigstellung des Projekts bis Jahresende.

Von Eva Waltl, Markt Indersdorf

Vor dem Eiscafé "La Veneziana" sind auf einem Boden voller Schottersteinchen kleine Tische und Stühle aufgestellt, Sonnenschirme sind aufgespannt. Pasquale Restieri, der Betreiber, hat sich für den heißen Sommertag und den damit verbundenen Ansturm eishungriger Kinder und Erwachsener gewappnet. Doch nur zwei Herren sitzen vor dem Café, die ihren Espresso trinken, während im Hintergrund lautes Brummen zu vernehmen ist. In die Nase steigt der strenge Geruch von kürzlich aufgegossenem Teer. Der Ansturm der Eishungrigen, er bleibt in diesem Jahr aus.

"An einem normalen Sommertag ist hier eigentlich immer alles voll", so Restieri. Eigentlich. Das Wort, das einen dieses Jahr, dem Coronajahr, überallhin begleitet. In Markt Indersdorf gibt es aber neben dem Virus noch eine weitere Hürde, denn pünktlich zu Beginn der Sommerferien sind die Motoren der Baumaschinen an der Großbaustelle in Markt Indersdorf gestartet. Die Marktplatzneugestaltung, die gut eine Woche nach dem Faschingstreiben begann, nimmt erste Formen an. Doch von normalem Marktplatzbetrieb und gemütlichem Umherschlendern ist man noch viele Baustunden entfernt. Laut Oberbürgermeister Franz Obesser (CSU) wird mit Ende diesen Jahres das Projekt fertig sein, wobei natürlich corona- und witterungsbedingte Gegebenheiten den Bau verzögern könnten. Er sei aber optimistisch, dass alles reibungslos verlaufen werde. Denselben Optimismus teilt Restieri, der hinter seiner Eistheke Grappagläser poliert. "Ich freue mich, wenn endlich alles wieder normal läuft. Ohne Corona und ohne Baustelle." Die Aussicht auf ein Ende der Bauarbeiten bedeutet ein Licht am Ende des Baustellentunnels. Nach monatelangem Baulärm, jeder Menge Bauschmutz und eingeschränkter Zugänglichkeit könnten dann vor allem Gewerbetreibende und Anlieger allmählich wieder aufatmen.

"Wir hängen in der Schwebe"

Obesser ist es ein großes Anliegen, dass der Zugang zu den Geschäften und Lokalen gewährt ist, denn man wünsche sich nach Fertigstellung "einen schönen Marktplatz mit vielen Gewerbetreibern, mit Gastronomie und Einzelhändlern". Das sagt er, nachdem er das Fenster seines Büros aufgrund des hohen Baulärms schließen musste - Asphaltierarbeiten.

In Restieris Eisdiele sind jedenfalls kaum Gäste in Sicht. Auch weil er schlichtweg zu Fuß schwer zu erreichen ist. Dies beklagt auch das Café "Zimtstern". Gerade für ältere Gäste sei der provisorische Weg zu dem Café über Holz und Steine zu strapaziös. Insgesamt wünsche man sich als Gewerbetreibender mehr Unterstützung: "Wir hängen in der Schwebe." Ein weiteres Manko sind Parkplätze am Marktplatz. Obesser sind die Schwierigkeiten bewusst. Parkplätze würden eingerichtet werden. Er betont, dass Regionaldenken nun besonders wichtig sei: Nur gemeinsam, in dem jeder sein Mögliches versuche und man vor Ort einkaufe, könne es gelingen, dass der Marktplatz mitsamt Gastronomie und Einzelhandel ein Erfolg werde. Einen Funken des zu erwarteten Erfolgs kann man in der jetzigen Bauphase bereits erkennen - zumindest mit viel Vorstellungsvermögen. Erste helle Pflastersteine statt dem roten Natursteinpflaster. Und dies scheint zu gefallen, so Andrea Waltinger vom Technischen Bauamt. "Viel Begeisterung und positives Feedback" gehe von den Bürgern aus und der Marktplatz hätte "viel mehr Aufenthaltswert als vorher."

"Das ist der helle Wahnsinn! Es geht nichts weiter"

Nicht alle teilen diesen Enthusiasmus. Eine Bürgerin aus Niederroth, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, zeigt sich erbost über die andauernden Arbeiten: "Das ist der helle Wahnsinn! Es geht nichts weiter."

Wenn aber dann doch mal etwas weitergeht, werde die Lebensqualität der Anwohner mit der Umgestaltung steigen, hofft Bürgermeister Obesser. Mit der Straßenverlegung soll sich der Verkehr rund um den Marktplatz verlangsamen und der Knotenpunkt soll übersichtlicher werden. Insgesamt bedeutet der aufwendige Umbau eine "Aufwertung der Stadt für die nächsten Jahrzehnte", so Obesser. Restieri schließt Ende Oktober seine Eisdiele. Wie aufwertend ein neuer Marktplatz tatsächlich für Gastronomie und Anwohner sein wird, wird sich bis dahin noch herausstellen. Sein Stracciatellaeis kann bis dahin vielleicht hinwegtrösten über den Baulärm, über die Sperrung, über das Steineausweichen, über die Umsatzeinbußen.

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SZ vom 04.08.2020
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