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Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe:"Wir brauchen mehr Gestaltungsspielräume"

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Die Haushaltslage der Gemeinde Karlsfeld ist schon seit vielen Jahren nicht rosig. Bürgermeister Stefan Kolbe gibt die Schuld daran auch Bund und Freistaat, die immer mehr Aufgaben auf die Kommunen abwälzen. Er fordert einen Systemwechsel.

Interview von Anna Schwarz, Karlsfeld

Herr Kolbe, was wünschen Sie sich beruflich und persönlich für das noch junge Jahr?

Stefan Kolbe: Persönlich natürlich, dass meine Familie und ich gesund bleiben und das Thema Corona endlich ein Ende nimmt. Für Karlsfeld wünsche ich mir, dass sich unsere Finanzen so entwickeln, dass wir wieder mehr Gestaltungsspielräume für wichtige Pläne haben.

Und die wären?

Das Wichtigste ist, dass wir unsere Infrastruktur - vor allem Straßen und Schulen - in einem guten Zustand halten. Die Sanierung der Schulturnhalle an der Krenmoosstraße kostet uns in den nächsten Jahren mehr als acht Millionen Euro. Danach stehen die Sanierungen der Mittelschule und des Hallenbades an. Und wir wollen unser Klimaschutzkonzept vorantreiben, dafür haben wir in der Gemeinde eine Klimaschutzmanagerin eingestellt.

Worum geht es konkret?

Wir möchten Projekte entwickeln, mit denen die Gemeinde Karlsfeld zum Klimaschutz beitragen kann. Meiner Meinung stehen wir schon gut da, aber es gibt sicher noch Potenzial. Darüber hinaus hätte ich natürlich viele Pläne, wo wir investieren könnten: Zum Beispiel wollen wir die alte Grundschule umnutzen - momentan ist darin die Volkshochschule untergebracht - daraus könnte einmal ein Kulturhaus werden. Aber das müssen wir wohl auf ein anderes Jahr verschieben. Denn die größte Herausforderung für die Gemeinde bleibt die finanzielle Lage.

Aber da gibt es doch sicher Möglichkeiten, um aus den roten Zahlen zu kommen?

Ja, ich würde mir mehr Verständnis und Unterstützung von Bund und Freistaat wünschen. Karlsfeld zahlt heuer eine Kreisumlage von 13,63 Millionen Euro. Das Umlagesystem im Freistaat kritisiere ich schon seit Jahren: Die Kreisumlage ist größtenteils auch von der Bezirksumlage abhängig, die ständig steigt. Es wäre besser, wenn der Freistaat das Umlagesystem dahingehend ändert, dass die Kommunen, Landkreise und Bezirke feste Zuweisungen erhalten und das Umlagesystem in der jetzigen Form abgeschafft wird.

In Karlsfeld brauchen wir mehr Gewerbesteuereinnahmen und arbeiten deshalb an der Entwicklung des Gewerbegebiets an der Schleißheimer Straße. Auch für das Ludl-Gelände gibt es bereits einen rechtskräftigen Bebauungsplan. Über den müssen wir nochmal mit dem Investor diskutieren, dann soll sich dort Einzelhandel und teilweise Gewerbe ansiedeln. Leider gibt es für das Bayernwerkgelände momentan keine Aussicht auf gewerbliche Entwicklung.

Seit Jahren wünschen sich die dortigen Bewohner westlich der Bahn einen Supermarkt. Können Sie Hoffnung machen?

Da halte ich mich zurück. Theoretisch könnte die Investorengruppe dort sofort einen Einkaufsmarkt schaffen - möchte aber aus wirtschaftlichen Gründen lieber Wohnungen bauen. Ich kann dem Investor nur immer wieder sagen, dass ich für Gespräche offen bin.

Mit großen Hoffnungen verbunden ist auch das sanierungsbedürftige Hallenbad. Wie geht es damit weiter?

Das Bad bleibt weiter offen. Momentan laufen die Planungen für die Sanierung. Wir erfahren im zweiten Quartal die Ergebnisse und Kosten. Dann entscheiden wir, wie es weitergeht.

Ein Dauerstressfaktor für Karlsfelder bleibt die B 304, sie ist die am stärksten befahrene Straße im Landkreis. Die Konsequenzen sind viel Lärm und viele Abgase. Welche Pläne gibt es dazu?

Wir haben schon einen Antrag für einen langen Tunnel gestellt, aber da gibt es leider nichts Neues. Wegen der Pandemie ist der Verkehr zumindest ein bisschen weniger geworden. Wichtig wäre es, den MVV zu stärken, aber das ist auch Aufgabe des Landkreises. In diesen Zeiten reden wir auch über alternative Beförderungsmöglichkeiten. Für uns wiederum wäre die Verlängerung der Trambahnlinie von Moosach nach Karlsfeld eine Möglichkeit. Das fände ich nicht schlecht.

Können Sie sich ein Lkw-Fahrverbot vorstellen, um die Anwohner der Münchner Straße zu entlasten?

Die Lastwagen sind das geringere Problem. Wir haben rund 45 000 Pendler, die dort Tag für Tag fahren. Die meisten sitzen allein im Auto und könnten auch Fahrgemeinschaften bilden.

Stellen Sie sich vor, Ihre Gemeinde würde heuer besser finanziell um die Runden kommen als gedacht...

Dann würde ich in den Ausbau des Radverkehrs und die Jugend investieren, zum Beispiel mehr Treffpunkte für sie schaffen.

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