Süddeutsche Zeitung

Fischtreppe an der Amper:Sprunghafte Gewinne

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Der Bau einer Fischtreppe am Wasserkraftwerk lohnt sich - die Stadtwerke Dachau verdienen sogar daran. Zu verdanken haben sie das der Energiewende.

Melanie Staudinger

Ökologisch sinnvoll ist sie, die geplante Fischtreppe am Wasserkraftwerk an der Amper in Dachau. Aber nicht einfach zu realisieren. Die Treppe soll es Fischen ermöglichen, das Kraftwerk zu überwinden. Damit dürfen sie sich frei in der Amper bewegen - das können sie mittlerweile auch überall, nur eben nicht an dieser einen Stelle beim Familienbad. Nun darf die Querungshilfe aber nicht irgendwo sein. Gerald Nübel, der technische Leiter der Stadtwerke, erklärt im Werkausschuss: "Die Fische brauchen eine Lockströmung, um den Einstieg in den Aufstieg zu finden." Die hat er gefunden. Dem Bau steht nichts mehr im Weg. Mehr noch, jubelt SPD-Fraktionschef Volker C. Koch: Etwas für die Umwelt tun und dabei Geld verdienen - "dem kann man nur zustimmen".

Nach dem Erneuerbaren Energien-Gesetz, kurz EEG, erhöht sich die festgelegte Vergütung für Wasserkraftwerke, wenn diese ökologisch verbessert werden. Im Fall der Stadtwerke bedeutet das, dass die Fischtreppe bei einmaligen Kosten von 583 000 Euro gut 270 000 Euro im Jahr mehr einbringt. Das freut den kaufmännischen Werkleiter Robert Haimerl: Die Maßnahme amortisiert sich nach nur zweieinhalb Jahren. Dann lässt sich sogar noch was verdienen, während die Fische ungehindert ihre Bahnen durch die Amper ziehen.

Nur einer will nicht so recht in die allgemeine Freude einstimmen. Der CSU-Fraktionsvorsitzende Christian Stangl hat weitergedacht. Ökologisch toll sei die Fischtreppe schon. Aber ganz umsonst sei sie nicht zu haben. "Man muss sich doch nur die Frage stellen, wer die EEG-Umlage zahlt. Und das sind nun einmal die Verbraucher", erklärt Stangl. Für ihn ist die Fischtreppe eine Milchmädchenrechnung nach dem scherzhaften Motto "Danke lieber Bürger, wir haben das Geld von dir".

Das wiederum stört Bündnis-Stadtrat Bernhard Räpple wenig. "Das ist halt der Obolus, den der Bürger bezahlen muss", sagt er. Schließlich würden die Stadtwerke für den Dachauer einiges leisten - Busse, Bäder und Parkhäuser seien hochdefizitäre Betriebe, die der Allgemeinheit trotzdem zur Verfügung gestellt würden. Die müssten schließlich auch finanziert werden. Auch Haimerl kann daran nichts Verwerfliches erkennen: "Andere Energieerzeuger bauen auch ihre Fischtreppen und wir bezahlen es." Der Werkausschuss hat die Querungshilfe einstimmig beschlossen. Gut für die Fische, gut für den Geldbeutel der Stadtwerke. Und auf den einzelnen Bürger kommt keine allzu große Summe zu. Da können sich alle freuen - dem EEG sei Dank.

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Quelle:
SZ vom 27.07.2011
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