Süddeutsche Zeitung

Einstimmiges Votum des Gemeinderats:Karlsfeld will Hallenbad retten

Lesezeit: 3 min

Alle Gemeinderäte sprechen sich für eine Sanierung aus. Die Finanzierung ist aber weiterhin unklar

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Die Emotionen schlagen hoch, wenn es um das Karlsfelder Hallenbad geht. Das hat sich bereits in den vergangenen Tagen gezeigt. Und so war das Bürgerhaus am Donnerstagabend, als die Grundsatzentscheidung anstand, ob das Bad nun für immer schließen soll, fast bis auf den letzten Platz gefüllt - und das trotz hoher Corona-Inzidenzen. Etwa eineindreiviertel Stunden diskutierten die Kommunalpolitiker hin und her, vor allem hinsichtlich der Finanzierung trotz leerer Kasse, denn die Instandsetzung des Bads kostet nach derzeitiger Schätzung etwa elf Millionen Euro. Um 20.45 Uhr nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung zur Beratung dann das einstimmige Votum: Das Hallenbad soll saniert werden. Erleichterung im Publikum und großer Beifall. Später in den sozialen Medien erschienen viele Posts mit erhobenen Daumen und klatschenden Händen.

Schließen, das sei "keine Alternative", sagte Andreas Froschmayer (CSU). "Das ist nicht unser Auftrag." Er fasste die vielen Mails und Kommentare der Bürger als Auftrag auf und warb: "Wir bauen uns für die nächsten 30 Jahre ein neues Bad im alten." Alles andere sei eine Vernichtung von Werten. Doch die Finanzierung ist nach wie vor ungeklärt. Beate Full (SPD) wollte zunächst, dass der Beschlussvorschlag "eine Aussage zur Gegenfinanzierung enthält". Dies sei wichtig als Begründung für die Rechtsaufsicht, meinte sie. Doch sie wurde überstimmt. Es sei nicht sinnvoll, es gebe noch zu viele Unklarheiten, argumentierte Bernd Wanka (CSU).

Gebäudemanager Marco Mühlenhoff hatte Ideen, die die Gemeinderäte nur allzu gerne hörten. "Das Schwimmbad muss nicht so defizitär sein wie es ist", verkündete er. Immerhin 700 000 Euro muss die Gemeinde jedes Jahr zuschießen. Man könnte aber insgesamt bis zu 200 000 Eurosparen, wenn man etwa die vielen Gruppen, die nur ermäßigten oder gar keinen Eintritt zahlen, zur Kasse bitten würde. Außerdem sei es eine Überlegung wert, die Belegungszeiten anders zu strukturieren. So würden Kapazitäten frei, einerseits für die Öffentlichkeit, die derzeit nur etwa 28 Prozent der Gesamtzeit zum Schwimmen und Planschen nutzen dürfe. Dabei kämen pro Jahr mehr als 40 000 Badegäste, wenn das Bad in Betrieb ist. Wären die Becken zum Beispiel Montag, Samstag und Sonntag für alle geöffnet, würden vielleicht noch mehr Besucher kommen. Andererseits könnte das hoch qualifizierte Personal selbst Schwimmkurse geben, schlug Mühlenhoff vor. Denn die, die vom TSV angeboten würden, seien regelmäßig ausgebucht, der Bedarf also deutlich größer. Zu überlegen sei auch, ob man vielleicht einzelne Bahnen an Gruppen vermietet, die zum Beispiel in München händeringend nach Trainingsmöglichkeiten suchen. Auch Mondscheintarife, Frühschwimmen oder Spielenachmittage sowie mehr als einen Warmbadetag pro Woche könne man in Betracht ziehen, denn gerade letztere seien extrem beliebt und energetisch sei es nicht so viel teurer. 2019 lag die Auslastung des Bads bei etwa 78 Prozent, so der Gebäudemanager. Da sei noch Potenzial.

Während der Bauzeit müsse man freilich von einer längeren Schließung ausgehen - etwa zwei Jahre, erklärte Mühlenhoff. Wie lange man es noch öffnen kann, sofern die Pandemie es erlaubt, sei offen. Das Dach ist undicht. Es tropft hinein und zwar so, dass die Lamellen an den Decken bereits durchgerostet sind. Bei Schneeschmelze und starken Regengüssen müssten die Eimer, die die Tropfen auffangen, stündlich geleert werden. Viel Wasser laufe auch in die Technik hinein und das sei extrem gefährlich. Maximal zwei Jahre, schätzen Experten, könne das noch so weiter gehen.

Finanziell problematisch sei, dass die Hauptsanierungsphase voraussichtlich in den Jahren 2024 und 25 sein werde, wenn die Gemeinde nach heutigen Berechnungen besonders klamm sei, so Mühlenhoff. Ob sie vom Bund eine Förderung von maximal drei Millionen Euro bekomme, entscheidet sich erst im Sommer. Sollte Karlsfeld leer ausgehen, gibt es noch die Möglichkeit auf Zuschüsse von höchstens einer Million Euro vom Freistaat.

"Wir haben das Problem, dass wir ein Sanierungsdefizit von 50 Millionen Euro haben", gab Michael Fritsch (Grüne) zu bedenken. "Das Hallenbad ist ein Kernelement für unsere Gemeinde. Aber es muss uns klar sein, wenn wir das machen, haben wir überhaupt keinen Spielraum mehr. Anderes können wir uns dann nicht leisten." Beate Full fürchtete gar, dass keine Kredite von der Rechtsaufsicht genehmigt würden. Eine Gegenfinanzierung sei nur durch eine Erhöhung der Hebesätze möglich, bei der Grundsteuer auf 470 Prozent und bei der Gewerbesteuer auf 380 Prozent. Die CSU sah das Szenario noch nicht so. Heike Miebach (Grüne) erinnerte an die Einsparungen, die durch Energieeffizienz kämen.

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SZ vom 24.04.2021
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