Süddeutsche Zeitung

Katastrophenschutz:Kein Geld für flächendeckenden Alarm

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Weil Fördermittel des Bundes ausgeschöpft sind, will sich die Stadt Dachau vorerst doch kein Sirenenwarnsystem zulegen.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Als sich im Juli 2021 das Wasser der Ahr aus dem Flussbett hob, kamen alle Warnungen vor der sich anbahnenden Flut zu spät. Damit sich die Menschen künftig besser vor solchen Katastrophen schützen können, haben Kommunen im Ahrtal vor kurzem 85 Warnsirenen auf Dächern und Masten installiert. Nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern überall in Deutschland wollen Städte und Gemeinden - vor dem Hintergrund von verheerenden Umweltereignissen, die sich aufgrund des Klimawandels häufen, dem Krieg in der Ukraine sowie dem Erdbeben in der Türkei und Syrien - ihren Katastrophenschutz aufbessern.

Auch Dachau hat sich vorgenommen, ein neues flächendeckendes Warnsystem für das Stadtgebiet zu errichten. Dafür müssten Sirenen an 14 Standorten an Masten oder Dächern montiert werden. Erste Schätzungen gingen von Kosten in Höhe von 370 000 Euro aus. Zugleich rechnete die Stadt mit einem Zuschuss über 168 500 Euro aus dem "Sonderförderprogramm Sirenen" des Bundes. Doch daraus wird nichts.

Wie die Verwaltung den Stadträten im Haupt- und Finanzausschuss mitteilte, sind die Fördermittel des Bundes für neue Sirenen ausgeschöpft. Offenbar haben bereits viele Kommunen um finanzielle Unterstützung gebeten, um Sirenen anzuschaffen. Dem Innenministerium sei nicht bekannt, "ob und falls ja, in welcher Höhe weitere Fördermittel zur Verfügung gestellt werden", so die Verwaltung.

Aufgrund der angespannten Haushaltslage der Stadt beschlossen die Stadträte daher mehrheitlich, vorerst keine Sirenen anzuschaffen. Die Stadt soll nun abwarten, bis wieder neue Fördermittel zur Verfügung stehen. Dann werde man zuschlagen, sagte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD).

"Die Zeiten, in denen wir bei diesen Themen sparen, sind vorbei."

"Es ist super ärgerlich, dass die Ampel in Berlin das Förderprogramm nicht ertüchtigt", sagte CSU-Fraktionschef Florian Schiller, woraufhin Stadträte aus anderen Fraktionen lachten. SPD-Stadtrat Bernd Hubensack hielt Schiller entgegen, dass die CSU-Fraktion ja ihre Beziehungen zur bayerischen Staatsregierung nützen könne: "Dem Freistaat ist es nicht verboten, die Fördermittel aufzustocken." SPD-Fraktionschefin Anke Drexler meinte, dass der Fördertopf für Sirenen in "absehbarer Zukunft" wieder wachsen wird.

Nur FWD-Stadtrat Markus Erhorn stimmte dafür, dass die Stadt die Sirenen auch ohne Fördermittel anschaffen sollte - eine Forderung, die Kämmerer Thomas Ernst mit einem bösen Blick in Richtung Erhorn kommentierte. Aufgrund des Klimawandels würden Katastrophen wie im Ahrtal häufiger werden, sagte er. "Die Zeiten, in denen wir bei diesen Themen sparen, sind vorbei."

Feuerwehr-Kommandant und Stadtbrandinspektor Thomas Hüller konnte allerdings Entwarnung geben. Ein Sirenenwarnsystem würde die Feuerwehr zwar unterstützen. Aber man sei im Stadtgebiet bereits jetzt "sehr gut aufgestellt". Bündnis-Stadtrat Michael Eisenmann plädierte dafür, gar keine Sirenen anzuschaffen, sondern stattdessen eher auf "digitale Möglichkeiten" beim Katastrophenschutz zu setzen.

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