Süddeutsche Zeitung

Unfallstatistik der Polizei:Kompliment an die Jugend

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Die Polizei lobt die Fahranfänger, die 2014 kaum Unfälle verursachen und sich an die 0,0-Promille-Grenze halten. Die Zahl der Raser geht zurück - und doch ist überhöhte Geschwindigkeit die Ursache, dass fünf Menschen sterben.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die Landkreisbevölkerung wächst, der Verkehr nimmt zu - und mit ihm die Zahl der Unfälle. Am häufigsten kracht es auf der Staatsstraße 2047 und auf der Münchner Straße in Karlsfeld und Dachau. Im vergangenen Jahr hat die Polizei im Landkreis 4621 Verkehrsunfälle aufgenommen - 147 mehr als 2013. Die Zahl steigt seit Jahren kontinuierlich an.

Verletzte und Tote

Etwa konstant bleibt jedoch über einen langen Zeitraum betrachtet die Zahl der Verletzten: 900 waren es im vergangenen Jahr. Zehn Menschen starben, fünf davon waren Motorradfahrer. Ein besonders schwerer Unfall ereignete sich erst im Oktober, als ein 26-jähriger Mann aus ungeklärten Gründen auf der B 471 im Stadtgebiet Dachau in den Gegenverkehr geriet und frontal mit einem Lkw zusammenstieß. Der junge Mann starb am Unfallort. Doch wie in ganz Deutschland und Bayern ist auch im Landkreis Dachau über die Jahrzehnte die Zahl der Verkehrstoten kontinuierlich gesunken - bei zunehmendem Verkehr. Die Polizei Dachau führt eine eigene Statistik seit 1975. Aus dieser wird deutlich, dass bis 1992 in jedem Jahr zwischen 20 und 40 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben kamen. Seit 1998 lag die Zahl nie bei mehr als 20, oft gab es weniger als zehn Todesfälle im Jahr.

Unfallursachen

Dass die Zahl der Unfälle steigt, die der Verletzten und Toten aber eher sinkt oder gleich bleibt, hat - neben anderen - eine gemeinsame Ursache: Die Autos werden größer, breiter und sicherer. "Gurtpflicht und Airbags haben sehr viel gebracht", sagt Polizeioberkommissar Richard Wacht. Neben mehr Sicherheitstechnik, haben selbst Kleinwagen heute viel mehr Knautschzone als früher. Das führt zu einem Problem im Stadtverkehr: Zwei SUVs passen schwer nebeneinander durch eine Altstadtstraße, auch beim Parken gibt es Probleme, Stellplätze sind häufig noch für kleinere Wagen ausgelegt. Auf diese Weise handeln sich viele Fahrer schnell mal einen Kratzer, eine Delle oder einen abgefahrenen Außenspiegel ein. Damit steigt die Zahl der Kleinunfälle. Zudem werden sie häufiger gemeldet als früher. Auch kleine Reparaturen sind bei modernen Autos oft sehr teuer, außerdem ist eine sofortige Reparatur bei Leasingfahrzeugen quasi Pflicht. Richard Wacht rät jedoch unbedingt, auch kleine Vorfälle vorsorglich der Polizei zu melden: "Ein Anruf genügt." Denn mit den Kleinunfällen geht ein weiteres Phänomen einher.

Fahrerfluchten

In jedem Jahr steigt die Zahl der Fälle, in der Menschen vom Unfallort verschwinden, ohne Namen und Adresse zu hinterlassen - das bringt oft nichts, denn die Aufklärungsquote verbessert sich in jedem Jahr. Meistens geht es dabei genau um jene Dellen und Kratzer, die beim unachtsamen Parken und Rangieren entstehen. Manchmal steht dahinter wohl eine falsche Einschätzung des entstandenen Schadens, sagt Wacht. Jedoch sieht er dahinter auch eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Schaden der anderen. Dafür habe sich die Einstellung zu einer früher häufigen Unfallursache deutlich gebessert.

Alkohol am Steuer

In nur 69 aller gezählten 4621 Unfälle war Alkoholmissbrauch der Grund. Das sind zwar 27 mehr als im Vorjahr, doch bei der Polizei ist man guter Dinge. Über einen langen Zeitraum zeigt sich, dass die Zahl, mit gelegentlichen Ausreißern, seit Jahren geringer wird. 2013 wurde der niedrigste Wert seit 1975 erreicht, 2012 gab es 71 Trunkenheitsunfälle. Zwischen 1975 und 1995 lag die Zahl fast immer zwischen 120 und 160, oft darüber, selten darunter. Besonders vorbildlich sei die Jugend, sagt Wacht.

Fahranfänger

Fast alle Jugendlichen hielten sich an die 0,0-Promille-Grenze, die für Fahranfänger gilt. "Ein Riesenkompliment" spricht Wacht ihnen aus. Die Einstellung zum Alkohol habe sich grundlegend geändert, die Jugendlichen seien verantwortungsbewusster geworden. "Früher fuhr derjenige, der meinte, am wenigsten getrunken zu haben", sagt Wacht. Heute verabredeten junge Leute vorher, wer nüchtern bleibt. Allgemein nimmt die Polizei fast keine Fahranfängerunfälle auf. Wacht rät zum begleiteten Fahren ab 17: "Diese jungen Leute verursachen auch in den folgenden Jahren weniger Unfälle."

Raser

Raser werden weniger, denn "jeder muss jederzeit mit einer Geschwindigkeitskontrolle rechnen", sagt Richard Wacht. Die Polizei ist stolz auf diesen Erfolg. Bis auf Sulzemoos haben alle Landkreisgemeinden eine kommunale Verkehrsüberwachung. In Dachau wird seit Jahresbeginn an 100 Stunden monatlich gemessen. Trotzdem kam jeder neunte Verletzte bei einem Unfall mit überhöhter Geschwindigkeit zu Schaden, fünf Menschen starben. Wacht mahnt, besonders in Kurven das Tempo zu drosseln.

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Quelle:
SZ vom 27.02.2015
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