Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Dachau:Zwei Quadratmeter pure Demokratie

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Auf dem Markt gibt es die unterschiedlichsten Wahlkabinen. Diesmal kommt es vor allem auf ein Kriterium an: auf die Größe.

Kolumne von Thomas Radlmaier

Wer eine Wahlkabine kaufen möchte, hat die Qual der Wahl - sorry für diese und weitere Floskeln, die folgen werden. Aber das Auswahl im Internet kennt wirklich keine Grenzen. Da ist zum Beispiel die Seite www.wahlmoebel.de. "Die erste Wahl für Ihre Wahl", kann der Kunde dort lesen. Dort ist für jede Behörde etwas dabei. Der Kämmerer, der sparen will, weil die Ausgaben im Haushalt eh schon die Rücklagen aufgefressen haben, kann mit der Tisch-Wahlkabine aus Wellpappe für 10,80 Euro ein Schnäppchen machen. Kommunen, die Wert auf Inklusion legen, können für 77 Euro eine Wahlkabine mit barrierefreiem Zugang erwerben. Wer seinen Bürgern Luxus beim Kreuzchenmachen bieten möchte, für den kommt nur die Steh-Wahlkabine "Ultimate" in Betracht, der Ferrari unter den Wahlmöbeln. Diese Kabine in Leichtbauweise mit höhenverstellbarer Tischplatte kostet stolze 315 Euro. Doch das Geld ist gut investiert: Die Kabine misst in der Breite einen Meter, der Wähler kann sich richtig ausbreiten.

Das lohnt sich. Denn die Größe der Kabinen könnte bei der anstehenden Kommunalwahl entscheidend sein: Der Stimmzettel für den Dachauer Stadtrat misst exakt 118,5 Zentimeter. Und das Papier, das alle Kandidaten für den Kreistag auflistet, ist sogar um einen halben Zentimeter breiter. 1,19 Meter pure Demokratie. Das dürfte übrigens ein größerer Stimmzettel als bei vergangenen Wahlen sein. Schließlich wächst das Gremium von 60 auf 70 Kandidaten. Mit den Wahlunterlagen, die man in Dachau bekommt, kann man insgesamt fast zwei Quadratmeter Fläche abdecken.

Es heißt, die Kommunalwahl sei die komplizierteste Wahl Bayerns. Das stimmt, und zwar nicht nur wegen der Möglichkeit des Panaschierens und Häufelns von Stimmen. Bei dieser Kommunalwahl kommt es auch auf Geschicklichkeit in der Wahlkabine an. Es gilt, Ruhe zu bewahren, sollte der Wahlzettel sich nicht in die Richtung falten lassen, in die man will. Der Tipp: Die volle Breite ausnutzen. Auf die Größe kommt es an.

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SZ vom 25.02.2020
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