Süddeutsche Zeitung

Dachau:Die letzte Chance für die Altstadt

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Die Einbahnstraße ist für alle Zeiten gescheitert. Jetzt braucht es eine neue Lösung und ein Mit- kein Gegeneinander. Für die Altstadt geht es um alles.

Kommentar von Thomas Radlmaier

Die Einbahnstraße in der Altstadt wird als Riesenflop in die Geschichte Dachaus eingehen. 2003 scheiterte sie am Protest der Geschäftsleute, 2022 an einer Rechtsprechung, die völlig an den Bedürfnissen verkehrsgeplagter Kommunen vorbeigeht. Die Fraktionen werden die politisch beschmutzte Idee einer Einbahnstraße in der Altstadt künftig behandeln wie Superman das Kryptonit: lieber einen großen Bogen drum herum machen. Und dennoch darf diese Gerichtsentscheidung nicht das "Ende der Verkehrspolitik" bedeuten, wie es Verkehrsreferent Volker C. Koch (SPD) befürchtet. Für die verkehrsgeplagte Altstadt müssen Lösungen her. Und zwar bald.

Der Durchgangsverkehr belastet die Altstadt und ihre Anwohner enorm. Das geht zu Lasten der Aufenthaltsqualität und der Sicherheit für Fußgänger oder Radfahrer. Den Status Quo kann niemand ernsthaft gutheißen. Auch nicht die Ladenbesitzer, welche die Einbahnstraße für Umsatzeinbußen verantwortlich machten. Ihre Existenz steht langfristig auf dem Spiel. Keiner kauft in einer Stadt ein, die im Verkehr erstickt.

Jeder neuen Idee haftet nun automatisch der Verdacht des Scheiterns an

Es ist bemerkenswert und gut, dass die Fraktionen im Stadtrat es bisher vermeiden, der Verwaltung oder sich gegenseitig direkt die Schuld am Scheitern zu Einbahnstraße zu geben. Es braucht jetzt den politischen Schulterschluss im ganzen Stadtrat. Erstens um sich von dieser politischen Klatsche zu erholen - und ja, es ist eine Klatsche für den ganzen Stadtrat und die Verwaltung. Zweitens um daraus zu lernen für anstehende Projekte. Drittens um mit einem breiten Konsens im Rücken die Herausforderungen zu meistern, die jetzt anstehen. Diese sind durch diese politische Misere noch einmal größer werden. Jeder neuen Idee haftet nun automatisch der Verdacht des Scheiterns an.

Was könnte eine Lösung sein? Das Bündnis für Dachau und die ÜB/FDP haben bereits eine Fußgängerzone oder einen verkehrsberuhigten Bereich ins Spiel gebracht. Tatsächlich dürften die rechtlichen Hürden dafür geringer sein als für eine Einbahnstraße, weil die strenge Straßenverkehrsordnung hier keine Rolle spielt. Eine inkonsequente Gesetzeslage - schließlich wäre eine Fußgängerzone die viel weiter reichende Maßnahme. Egal, für welche Lösung sich der Stadtrat am Ende entscheidet, diese muss rechtlich und planerisch gut vorbereitet sein. Eine Einbeziehung der Bürger und Geschäftsleute ist dafür unabdingbar. Es darf auf keinen Fall noch ein Mal das passieren, was bei der Einbahnstraße passiert ist. Für die Altstadt ist es die letzte Chance.

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