Süddeutsche Zeitung

Bauvorhaben:Der Traum von einem grünen Herz

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Einen Bürgerpark wollen alle Karlsfelder Gemeinderäte. Aber die CSU will erst mit den Grundeigentümern sprechen, bevor sie Planungskosten bewilligt. Die SPD befürchtet, dass nun das Projekt auf die lange Bank geschoben wird

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Ein Bürgerpark mitten in Karlsfeld vom Würmkanal bis zur Würmschleife - das wünscht sich nicht nur die SPD, auch CSU und Bündnis sind begeistert von der Idee. Allerdings bei den Details und der Herangehensweise scheiden sich die Geister. Der Gemeinderat einigte sich nach langer kontroverser Diskussion darauf, zunächst mit den sechs Eigentümern der Grundstücke, auf denen das Vorhaben realisiert werden soll, Verhandlungen zu führen. Dann erst will man konkret weiterplanen.

Die Idee eines Grünzugs ist nicht neu. Doch bislang besteht sie nur auf dem Papier, genauer gesagt auf dem Flächennutzungsplan. Die SPD drängt nun darauf, ihn zu verwirklichen. "Ein Park bedeutet mehr Lebensqualität", argumentierte Beate Full (SPD) und zählte vom besseren Klima bis zu den Erholungsmöglichkeiten alle Vorteile auf. Nach und nach entblätterte sie ihre Vision von einem "grünen Herzen" in Karlsfeld. "Es ist ein weicher Standortfaktor für die Zukunft, der die Gemeinde aufwertet." Die Gemeinde müsse diese Chance ergreifen. Deshalb forderte sie Planungskosten zunächst für den nördlichen Teil des Projekts in den Haushalt 2019 einzustellen.

Billig wird ein Bürgerpark nicht. "Die Gemeinde hat nirgends Eigentum", gab die stellvertretende Bauamtsleiterin Simone Hotzan zu bedenken. Nördlich der Allacher Straße handelt es sich um eine Fläche von etwa 5,3 Hektar Größe, deren Umwandlung in einen einfachen Park ohne Wasserlauf oder Freilichttheater - nur Wiesen und Wege - etwa 1,5 Millionen Euro kosten würde. Südlich der Allacher Straße sind es 7,2 Hektar, die Neugestaltung würde mehr als zwei Millionen Euro kosten. Allein die Planung bis zum Entwurf verschlinge im nördlichen Bereich 120 000 Euro, im südlichen 170 000 Euro. Die Planungskosten insgesamt schätzt Hotzan auf jeweils mehr als das Doppelte.

"Wichtig ist, dass wir einen Anfang machen und uns schrittweise der Realisierung annähern", stimmte Adrian Heim (Bündnis) zu. Den SPD-Vorschlag, den Flughafen als Sponsor ins Boot zu holen, lehnte er jedoch ab. Letzteres sei "moderner Ablasshandel", monierte er. Um die Anlage eines künstlichen Flusslaufs, wie man schon einmal überlegt hatte, nicht zu vereiteln, forderte Heim, nicht nur den nördlichen Teil des geplanten Grünzugs zu überplanen, sondern die gesamte Fläche.

Die CSU wollte einer konkreten Finanzplanung nicht zustimmen. "Wenn wir jetzt eine halbe Million Planungskosten in den Haushalt einstellen, ohne Zugriff auf die Grundstücke zu haben, ist die Planung in fünf Jahren wieder obsolet", wandte Bernd Wanka ein. Dennoch befürworte seine Fraktion, die "theoretische Intention" der SPD, das Projekt in Angriff zu nehmen. Aber so sei es "nicht machbar". Wolfgang Offenbeck erklärte die Zurückhaltung seiner Fraktion: "Das Ganze hat eine traurige Vorgeschichte: Vor 80 Jahren wurden 22 Eigentümer als Überraschungsaktion eingeladen und es wurde ihnen eröffnet, dass die Reichsbahn Flächen braucht, denn die Kleinbahn werde verlegt. Dann wurden Bagger aufgebaut, der Karlsfelder See ausgehoben und die Eigentümer wurden nicht gefragt, sondern einfach enteignet."

Das hätten die Familien nicht vergessen, betonte Offenbeck. Es sei noch immer ein "sensibles Thema in Karlsfeld". "Wenn wir was erreichen wollen, sollten wir nichts über die Köpfe der Eigentümer hinweg entscheiden", warnte er und plädierte dafür, zuerst mit den Eigentümern zu sprechen. SPD und Bündnis fürchten jedoch, dass damit alles auf die lange Bank geschoben wird. Sie forderten ein Signal, einen Startschuss. "Die Grundstückseigentümer sollen wissen, wohin wir wollen", erklärte Franz Trinkl (SPD). Er argwöhnt wie einige andere, dass die Verhandlungen sonst ad absurdum geführt würden, weil die Preisvorstellungen sehr weit auseinanderdriften würden. Es sei üblich, dass die Gemeinde plane, auch wenn ihr die Grundstücke nicht gehörten, um die Entwicklung der Kommune vorzugeben. "Wir sind meilenweit entfernt von einem Enteignungsverfahren", hielt Mechthild Hofner (Bündnis) der CSU entgegen. Natürlich müsse man sensibel vorgehen, aber der Grünzug sei "schon lange Wille des Gemeinderats".

Gegen den Vorschlag der SPD, den Bürgerpark nun in Angriff zu nehmen, führte die CSU ins Feld, dass die Finanzierung des Projekts nur mit der Ausweisung von noch mehr Wohnbebauung möglich sei. Denn um die Grundstücke der sechs Landwirte zu bekommen, müsse die Gemeinde neue kaufen, um einen Tauschhandel machen zu können, so Wanka. Und dafür seien Beträge "im tiefen zweistelligen Millionenbereich" nötig, die nur durch Zugeständnisse an Investoren aufzufangen seien. "Ich fürchte, dass die Entwicklung am Ende nur durch ein erhebliches Einwohnerwachstum hinzubekommen ist und dafür sehe ich im Moment null Luft", sagte Offenbeck.

Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) wollte die SPD dazu zwingen, ihren Antrag zurückzuziehen. Erst nach längeren Diskussionen ließ er eine Änderung zu, die mehrheitsfähig war. Bei früheren Anträge war ein solches Vorgehen nie ein Problem, monierten SPD und Bündnis. In etwa einem Jahr ist eben Kommunalwahl.

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SZ vom 28.02.2019
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