Süddeutsche Zeitung

Bau- und Planungsausschuss:Kontrolliertes Bauen

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Die Dachauer SPD will, dass die Stadt künftig nur dann neues Bauland ausweisen soll, wenn dieses zu mindestens der Hälfte im Besitz der öffentlichen Hand ist. Die CSU ist dagegen und befürchtet einen Stillstand der Stadtentwicklung

Von Julia Putzger, Dachau

Wohnungsnot und unerschwingliche Mietpreise - das sind Themen, die nicht nur die Dachauer Bürger, sondern auch die Kommunalpolitiker umtreiben. Die SPD hat jetzt einen Vorschlag, mit dem sie die Möglichkeiten der Stadt verbessern will, in dieser Sache zu agieren: Künftig soll die Stadt laut SPD-Antrag nur noch dann neues Bauland ausweisen, wenn die betroffenen Flächen zu mindestens 50 Prozent der Stadt oder einer gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft gehören. Die Meinungen zu dieser Idee gehen auseinander.

Im November 2017 beschloss der Stadtrat die "Dachauer Grundsätze der Baulandentwicklung". Darin festgehalten ist unter anderem die "sozialgerechte Bodennutzung", bekannt unter der Abkürzung Sobon. Diese besagt, dass ab einer Größe von 500 Quadratmeter neu geschaffener Geschossfläche 30 Prozent der gesamten Fläche für den geförderten Wohnungsbau bereitgestellt werden müssen. Die SPD wünscht sich jedoch mehr Möglichkeiten zur Einflussnahme und sieht ihren Vorschlag vor allem als langfristiges Konzept, um Planungshoheit zu erlangen und "potenzielles Wachstum an geeigneten Stellen maßgeblich zu gestalten", wie es im Antrag heißt.

Vorbild für die SPD-Stadtratsfraktion ist Ulm. Die 126 000-Einwohner-Stadt zwischen München und Stuttgart kauft Grundstücke, um sie später als Wohngebiet einsetzen zu können. Diese Bodenpolitik betreibt die Stadt seit inzwischen 125 Jahren. Mittlerweile gehören rund ein Drittel des kompletten Stadtgebiets von fast 12000 Hektar der öffentlichen Hand. Wer ein unbebautes Grundstück von der Stadt Ulm kauft, muss dieses auch bebauen - sonst geht es zum Kaufpreis wieder an die Stadt zurück, um Spekulanten keine Chance zu geben.

Ganz so radikal will es die SPD in Dachau aber nicht angehen: "Das ist so oder so nichts, was von heute auf morgen passiert. Wenn wir aber so wie in Ulm zu 100 Prozent Eigentümerin der Grundstücke sein wollen, dann dauert es noch länger, weil entweder nicht verkauft wird oder kein Geld da ist", sagt Sören Schneider, Sprecher der SPD im Bau- und Planungsausschuss. Deshalb habe man versucht, das Modell zu flexibilisieren. Der Antrag soll ein grundsätzlicher Anstoß sein, sich mit dem Thema im Stadtrat zu beschäftigen. "Sonst passiert wieder zehn Jahre nichts", sagt Schneider. Bei Umsetzung der Forderung habe man "die Sache besser in der Hand". Gleichzeitig kämen die Regelungen aber zum Beispiel im innerstädtischen Bereich, wo oft kein Bebauungsplan notwendig ist, nicht unbedingt zum Tragen. Schneider wünscht sich jedenfalls einen politischen Konsens, der über die Legislaturperiode hinaus anhält. "Das ist nichts, wo man ständig hü oder hott sagen kann."

Mit diesem Konsens dürfte es allerdings im Stadtrat nicht so einfach werden. August Haas (CSU), städtischer Referent für kommunale Liegenschaften, hält vom SPD-Vorschlag nämlich zunächst nicht viel. Weniger optimistisch als Schneider glaubt er, dass das angedachte Vorgehen kaum umsetzbar sei, da die Stadt derzeit nur überall im Stadtgebiet verstreuten Besitz habe. Wollte man also soziale Wohnbauprojekte umsetzen und neues Bauland ausweisen, müsste die Stadt dieses erst erwerben. Das wiederum sei einerseits aus finanzieller Sicht schwierig, andererseits könnten die Eigentümer an einem Verkauf an die Stadt möglicherweise gar kein Interesse haben, so Haas. Denn schon bisher sei die städtische Grundstückssuche wenig erfolgreich gewesen. Haas resümiert deshalb: "Dann geht nichts voran." Stattdessen schlägt er vor, an "städtebaulich vernünftigen Orten" Bauprojekte mit städtischer Beteiligung voranzutreiben. Ansonsten bestünde aus seiner Sicht auch das Problem, dass "Streusiedlungen" entstehen, weil irgendwo am Stadtrand eben ein Grundstück verfügbar war, wo die von der SPD angedachten Grundsätze angewendet werden konnten.

Dem Bündnis für Dachau geht der Vorschlag der SPD indes nicht weit genug. Stadtrat Kai Kühnel hält den Ansatz grundsätzlich für brauchbar: "Ein Ankauf von zusätzlichen Flächen für die ferne Zukunft durch die Stadt Dachau für ausschließlich sozialen Wohnungsbau ist möglicherweise sinnvoll." Allerdings stellt auch er fest, dass die Neuausweisung von Bauland derzeit nicht finanzierbar sei. Des Weiteren schlägt Kühnel vor, bereits beim MD-Gelände nach diesem Grundsatz vorzugehen. Das hatte die SPD in ihrem Antrag explizit ausgeklammert. Kühnel wünscht sich dort allerdings nicht mehr Flächen für den sozialen Wohnungsbau, sondern für Gewerbeflächen, die der Stadt Einnahmen bringen würden. Auch die SPD denkt in ihrem Antrag an die Vergabe von Gewerbeflächen, allerdings eben nicht auf dem MD-Gelände.

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SZ vom 15.06.2020
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