Süddeutsche Zeitung

Corona im Blick:Mit zwei Augen

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SZ-Fotograf Stephan Rumpf zeigt, was ihm in dieser außergewöhnlichen Zeit besonders auffällt

Fotos von Stephan Rumpf

Ein Ausblick und ein Ei. Mehr braucht es manchmal gar nicht.

Ja? Nein?

Wann vor allem. Wird wieder gespielt in den Kammerspielen.

Vorhand vor Balkon-Zuschauern - Tischtennis mit Titus.

"100, 99, 98, ..."

Zu Hause, am Abend, zu zweit, dahinter das Bild vom Charlie voller Gäste.

Zweikämpfe? Auf dem Fußballrasen erst einmal keine.

Kein Morgenstammtisch, kein Zeitungsrascheln.

Wann wohl wieder Bundesliga bei Wolfi?

Es sind wunderbare Routen und Routinen, die sich einem Fotografen oft bieten. Erst hier ein Motiv, später das Porträt auf der anderen Isarseite, dazwischen im Café eine kurze Pause, Rad und Apparat immer dabei, sofort los - oder nicht. Immer auf der Suche nach einer Optik, einem minimagischen Moment. Nach einer Geschichte. Und nach Jahrzehnten als München-Fotograf dabei immer auch mit der entspannten Gewissheit, dass diese Stadt voll ist mit Motiven und Geschichten. Am Feierabend dann im Sax beim Bier ein Fußballspiel mit den Freunden schauen. Selbst spielen auf der Wiese am Schyrenbad. Oder mit Susanne in die Kammerspiele gehen. Geht nur gerade nicht.

Dafür gehen auf einmal ganz andere Dinge. Zum Beispiel mit Sohn Titus im Südfriedhof joggen oder mit der Tochter Verstecken spielen. Der Südfriedhof liegt um die Ecke, war aber jahrelang weit weg. Genauso wie die Idee, im eigenen Hinterhof Tischtennis zu spielen. Und die Ruhe, mit der man zu Hause zu zweit beim Wein über den Tag und alles andere spricht, sie war auch selten so groß und angenehm wie in den vergangenen Wochen.

Klar, die erste Wanderung nach Monaten vor ein paar Tagen auf den Jägerkamp, was für eine Erleichterung und Freude, sogar mit Smile-Ei. Endlich wieder raus, endlich wieder rauf. Aber das Innehalten zuletzt, das Runter- und Umschalten und das zu entdecken, was so nah ist - auch das war eine gute Zeit. Wie wunderschön der Südfriedhof ist. Dass man sich auch im Tischtennis völlig verausgaben kann, nicht nur beim Kicken. Und gleichzeitig wächst die Vorfreude auf den alten Alltag langsam wieder, auf den ersten Cappuccino im Dukatz, wenn wieder drinnen und draußen geglotzt, geschimpft und geblättert wird. Auf das Fotoprojekt "Dionysos Stadt" in den Kammerspielen oder den ersten Sprint mit Gras-Geruch in der Nase und Stollen an den Füßen. Es war eine besondere Zeit, der Fotograf schaut darauf mit einem lachenden und einem lächelnden Auge. Cro, Sru

Ein Fotograf im Selbstporträt

Stephan Rumpf, 51, verheiratet, 1990 Abitur, danach diverse Praktika bei Fotografen, Autodidakt. Seit fast 30 Jahren fotografiert er für die Süddeutsche Zeitung und wohnt im Glockenbachviertel.

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Quelle:
SZ vom 19.05.2020
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