Süddeutsche Zeitung

Bogenhausen:Zweifel an autofreier Zone

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Die Bogenhauser CSU tut sich schwer damit, in Neubaugebieten auf Parkplätze am Straßenrand zu verzichten

Von ulrike steinbacher, Bogenhausen

"Ich bin enttäuscht von der altmodischen Denkweise unserer jungen BA-Kollegen", hat Gunda Krauss neulich an einen Parteifreund geschrieben, und man meint den Seufzer zu hören, der der Grünen im Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen dabei entfuhr. Die 78-Jährige outete sich mit ihrer Mail als Anhängerin eines Mobilitätskonzepts für das neue Wohngebiet Prinz-Eugen-Park in Oberföhring, mit dem vor allem die vergleichsweise junge Riege der CSU-Vertreter im BA so ihre Schwierigkeiten hat.

Der Prinz-Eugen-Park wird den heutigen Anwohnern der Cosimastraße im Lauf der kommenden Jahre 4000 neue Nachbarn bescheren. Wenn sie alle Auto fahren, wird es eng. Damit die Bewohner des Quartiers aufs Rad und in die Tram umsteigen, hat das Konsortium, in dem die 21 Bauherrn zusammengeschlossen sind, ein Konzept entwickelt: Im Prinz-Eugen-Park sollen demnach nicht nur möglichst wenig Autos herumfahren, sie sollen auch nicht herumstehen, oberirdisch zumindest.

Das Mobilitätskonzept sieht also vor, dass die Anwohner zum Parken die Tiefgaragen nutzen und an den Wohnstraßen nur die Autos von Besuchern abgestellt werden dürfen. Um das durchzusetzen, hat das Konsortium beim Bezirksausschuss beantragt, alle oberirdischen Stellplätze als Kurzparkzonen auszuweisen. Damit ließe sich auch verhindern, dass Dauerparker ihre Autos abstellen und Wohnmobile den Straßenrand verschandeln. Außerdem beantragte das Konsortium für die Wohnstraßen im Quartier Tempo zehn statt wie sonst üblich Tempo 30. Und vor den geplanten Gemeinschaftsräumen sollen Fahrbahn und Gehweg der Ruth-Drexel-Straße ohne Bordstein höhengleich gebaut werden, damit der Eindruck entsteht, es handle sich um einen kleinen Platz.

Martin Tscheu (SPD) nannte die Anträge "sehr vernünftig". Doch die CSU steht den Ideen, die seit Juli bereits mehrmals diskutiert wurden, noch immer skeptisch gegenüber. Allerdings nimmt ihre Abneigung ab, das lässt sich aus einer Nebenbemerkung von Sprecher Xaver Finkenzeller in der jüngsten Sitzung schließen: "Bullshit" wäre zu weit gegriffen, sagte er über das Konzept. Während es beim Tempolimit und den höhengleichen Gehwegen offenbar nur um die Art der Umsetzung geht, hat die CSU mit den Kurzparkzonen ein grundsätzliches Problem, befürchtet sie doch, dass Bewohner des Prinz-Eugen-Parks ihre Autos dann in die umliegenden Viertel stellen könnten statt in die Tiefgarage zu fahren. Daher bevorzugen die Christsozialen Spielstraßen, wie verkehrsberuhigte Zonen umgangssprachlich genannt werden. Dort muss Schrittgeschwindigkeit gefahren werden, Dauerparken ist aber erlaubt.

Und obwohl schon die Bogenhauser Bürgerversammlung Ende Oktober für das Mobilitätskonzept votiert hatte, wurde es im Bezirksausschuss erneut vertagt und dreht noch eine Runde im Unterausschuss, die vierte nach allgemeiner Zählung. Es gehe darum, dieses Neubauviertel so zu planen, dass der Verkehr langfristig funktioniere, rechtfertigte Peter Reinhardt das Zögern der CSU. Für die Vorbereitung müsse man sich eben Zeit nehmen. "Da läuft uns nix weg."

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Quelle:
SZ vom 29.11.2017
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