Süddeutsche Zeitung

Bogenhausen:Geteiltes Echo

Lesezeit: 2 min

Das geplante Wohnquartier im Nordosten löst in Bogenhausen gemischte Reaktionen aus. Umstritten sind die Dichte der Bebauung, die Größe der Grünflächen und die Verkehrsanbindung. Die CSU wünscht sich ganz neue Pläne

Von Magdalena Dziajlo, Bogenhausen

Nach fünf Wochen ist die Öffentlichkeitsphase zur Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) für den Münchner Nordosten abgeschlossen. Während die Stadtplaner und Kommunalpolitiker nun mit vielen Anregungen der Bürger weiterarbeiten, bleiben bei einigen Grundstückseigentümern, die von der Baumaßnahme betroffen sind, Ängste und Zweifel zurück. Auch die CSU in Rathaus und Bezirksausschuss ist nicht vom bisherigen Ergebnis des Planungsprozesses überzeugt. Im Nordosten von Bogenhausen soll ein neues Stadtviertel entstehen. 30 000 Menschen sollen dort einmal wohnen, 10 000 einen Arbeitsplatz finden. Zur Gestaltung des Projekts konnten die Bürger ihre Wünsche äußern.

Bei einer Podiumsdiskussion zogen die Verantwortlichen jetzt Bilanz dieser Bürgerbeteiligung. Drei Problemkreise kristallisierten sich heraus: der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in das bisher schlecht angebundene Gebiet östlich der S 8-Trasse, der Erhalt von Freiflächen und die Dichte der Bebauung. Insgesamt 1500 Bürger nahmen an der Öffentlichkeitsphase teil. Nun liege es an den Planern, das Richtige daraus zu machen, sagte Stadtdirektorin Susanne Ritter.

Für noch nicht überzeugend hält die CSU die drei Varianten des Planungsreferats. In einem Antrag an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) forderte die Stadtratsfraktion, dass die Verwaltung weitere Vorschläge einholt. Mit Ideenwettbewerben oder Workshops sollten vor allem junge Architekten angesprochen werden. Deren Konzepte müssten dann wieder den Bürgern vorgelegt werden. "Mit den Grundsteinen, die wir jetzt setzen, werden die Entwicklungen der nächsten Jahrzehnte zementiert", heißt es in der Begründung des Antrags. Parallel dazu fordert die CSU im Bezirksausschuss Bogenhausen, die "Ergebnisse der Bürgerbeteiligung ernst zu nehmen und echte Planungsalternativen zu erarbeiten". Die drei Varianten des Planungsreferats seien "lapidar" und würden "den spezifischen Anforderungen dieser besonderen Kulturlandschaft" nicht gerecht. Ein städtebaulicher Ideenwettbewerb sollte weitere Konzepte erbringen.

Derzeit ist aber vorgesehen, dass die Stadtplaner in etwa einem Jahr ein integriertes Strukturkonzept vorlegen. Aus ihren drei bisherigen Bau-Varianten, "Perlenkette", "Beidseits des Hüllgrabens" und "Küstenlinie" sowie aus den Vorschlägen der Bürger soll ein konkretes Konzept entstehen, wie das neue Stadtviertel gestaltet wird. Wenn die Stadt dazu dann Pläne vorlegen könne, werde sie auch noch einmal direkt auf die Grundstückseigentümer zukommen, sagte Steffen Kercher, Leiter der Projektentwicklung, zu einem besorgten Bürger, der Angst hat, für eine geringe Entschädigung sein Haus und Grundstück an die Stadt zu verlieren. "Wir haben kein Interesse daran, Bebauung, die bewohnt ist, abzureißen", sagte Kercher. Bestehende Bebauung solle vielmehr in den Entwicklungsplan integriert werden.

Zur Bebauungsdichte blieben die Stadtplaner den Bürgern eine Antwort vorerst schuldig. Noch können sie nicht konkret sagen, wie das neue Stadtviertel aussehen wird und wie dicht gebaut wird. Darüber müsse öffentlich diskutiert werden, sagte Stadtplanerin und Architektin Andrea Gebhard. Kercher hielt fest: "Es gibt zwei Lösungen. Entweder bauen wir an der einen Stelle dicht und haben an einer anderen dafür viel Platz für Freiflächen oder wir bauen nicht so dicht, das bedeutet aber auch weniger Freiflächen." Fakt sei: Allein die klassischen Einfamilien-Wohnsiedlungen werde es im Münchner Nordosten nicht geben, allerdings auch keine Hochhaus-Trabantensiedlung, sondern eine Höhenentwicklung wie etwa in Freiham. Es bleibe eine große Herausforderung, einen vernünftigen Mittelweg zu finden.

Während es noch dauert, bis Häuser gebaut werden, wünschen sich Anwohner und Planer, dass der Ausbau der Infrastruktur so bald wie möglich beginnt. Denn in diesem Punkt sind sich alle einig: Zuerst muss das Gebiet mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen sein, dann kann gebaut werden. Gleiches gelte für Schulen. Ob und wann eine U-Bahn kommt, kann aber auch Gunther Kesenheimer, von PTV Transport Consult, der mit der Untersuchung und Erschließung des Verkehrswesens für den Nordosten beauftragt ist, nicht sagen. Die Vorsitzende des Bezirksausschusses Bogenhausen, Angelika Pilz-Strasser (Grüne) wünschte sich, dass das Thema Nahverkehr mehr Priorität in der Planung bekommt und dass die Stadt eine feste Zusage für den U-Bahn-Ausbau gibt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3457647
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 10.04.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.