Süddeutsche Zeitung

Betreuungsprojekt:Starthilfe in ein neues Leben

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Awo-Paten kümmern sich um minderjährige Flüchtlinge

Von Britta Rybicki

"Ich übernahm die Vormundschaft, dann wurde er mein Patenkind und heute sind wir gute Freunde", erzählt Ronaldo Ruthner, einer der freiwilligen Helfer des neuen Patenschaftsprogramm der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in München. Vor anderthalb Jahren engagierte sich der 61-Jährige im Rahmen des Programms "Menschen stärken Menschen" der Awo als Pate. Fürs Erste begleitet er einen minderjährigen Afghanen auf zahlreichen Behördengängen und hilft ihm dabei gesetzliche Bestimmungen zu verstehen. Seine Fürsorge geht schnell über die Unterstützung bei sprachlichen Barrieren und Rechtsfragen hinaus. "Ich wollte ihm auch im Alltag helfen: Dabei sich in dieser Gesellschaft zurechtzufinden", sagt Ruthner

Um einen Neuanfang in München zu starten, müssen junge Flüchtlinge weitere Herausforderungen, abseits von quälendem Papierkram und Amtsbesuchen meistern: Soziale Kontakte knüpfen, die Sprache verfestigen und eine Wohnung finden - um auch beruflich einen Schritt nach vorne zu wagen. Für Ruthner ist das Patenschaftsprogramm deshalb eine neue Form der Willkommenkultur und bietet nicht nur Menschen, die Zuflucht suchen eine "spannende Möglichkeit". "Auch Unerfahrene können mit Hilfe des Programms neue Kompetenzen erlernen und Erfahrungen sammeln", so Ruthner. Seminare und Workshops schulen Ehrenamtliche darauf, wie sie mit speziellen Reaktionen umgehen. Denn: Häufig leiden Betroffene unter psychischen Flashbacks.

Während der gesamten Patenschaft erhalten freiwillige Helfer außerdem Unterstützung von den Sozialpädagogen der Flüchtlinge. "Das Patenschaftsprogramm ist so angelegt, dass jederzeit Ansprechpartner da sind", sagt Ruthner. Und soll wie in seinem Fall zu einer langfristigen Beziehung oder Freundschaft führen. Deshalb veranstalten Mitarbeiter der Awo im Vorfeld persönliche Befragungen mit den Beteiligten: um Gemeinsamkeiten festzustellen. Im Anschluss werden dann beide an "einen Tisch geholt" und können sich kennlernen. Erst nach einem persönlichen Austausch sollen sich beide Seiten für oder gegen eine Patenschaft entscheiden. "Es ist wichtig, dass der Ehrenamtliche Interesse an einer persönlichen Beziehung hat", erklärt Ronaldo Ruthner. Denn auch nach Beendigung der Jugendhilfe sei der Kontakt für den Flüchtling "unbedingt erforderlich".

Ein Konzept, das offenbar funktioniert: Vor einigen Monaten feierte Ruthners afghanisches Patenkind seinen 18. Geburtstag und fällt somit aus dem Programm. Noch heute treffen sie sich zum Abendessen oder Joggen

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Quelle:
SZ vom 28.12.2016
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