Süddeutsche Zeitung

Berg am Laim:Zurück am Verhandlungstisch

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Völlig überraschend ist jetzt die Rede davon, dass auf dem Gelände an der Hachinger-Bach-Straße nun doch noch die Griechische Schule gebaut werden soll - und auch das Michaeligymnasium dort Platz bekommt

Von Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

Griechische Schule und neues Gymnasium für Berg am Laim auf derselben Fläche an der Hachinger-Bach-Straße? Eine internationale Schul-Kooperation in Berg am Laim? Es erscheint vielen undenkbar: Die Stadt ist längst wieder im Grundbuch als Eigentümerin der Fläche ausgewiesen, nachdem Griechenland wiederholt sämtliche vertraglich vereinbarten Fristen zum Bau seiner Schule gerissen hatte und dem Stadtrat der Geduldsfaden gerissen war. Und die Stadt sprach bereits von einem zweiten Gymnasium für Berg am Laim. Warum sollten zwei Schulen auf ein Grundstück gequetscht werden, das bisher nur für eine vorgesehen war? Doch Berg am Laims Stadtteilpolitiker haben aus dem Rathaus so viele Gerüchte gehört, die genau dieses Kooperations-Szenario zum Inhalt hatten, dass CSU-Sprecher Fabian Ewald am Dienstagabend den Antrag stellte, das Thema spontan auf die aktuelle Tagesordnung der Sitzung zu nehmen.

Stavros Konstantinidis, der Anwalt, der bisher die staatliche Stelle Griechenlands vertreten hat, welche den Schulbau federführend verantwortete, und das Presseamt der Stadt bestätigen: Es werde verhandelt, man suche eine gemeinsame Lösung. Denkbar sei laut Stadt dann zwar kein eigenständiges neues Gymnasium, wohl aber "eine gemeinsame Nutzung des Grundstücks durch das benachbarte Michaeligymnasium und die ursprünglich geplante griechische Grund- und Teilhauptschule". Vorrangiges Ziel sei eine einvernehmliche Lösung.

Konstantinidis erinnert an die Ausgangslage: Griechenland habe die Fläche zwar 2001 erworben, zugegebenermaßen auch mit einer Frist. Diese sei aber nicht einzuhalten gewesen, weil wegen des Widerstands aus der Nachbarschaft der nötige Bebauungsplan für die Schule erst 2007 fertig geworden sei. Dann, ja, sei die Krise dazwischengekommen. Doch am Ende habe Griechenland das Geld bereitgestellt und es hätte funktionieren können. Der Grundstein war gelegt und von Erzpriester Apostolos Malamoussis gesegnet worden, Keller und Erdgeschoss waren gebaut.

Aber: Wieder alles viel zu spät, wieder wurde klar, dass Griechenland auch die neuen Fristen nie werde einhalten können. Als die Fläche bereits zurück im Eigentum der Stadt war und diese auf Kosten Griechenlands die Schulruine abreißen wollte, um darauf ein eigenes städtisches Gymnasium zu errichten, legte sich die Republik Griechenland erneut quer. Das Argument: Die Bagger müssten draußen bleiben, weil die Fläche für eine kulturelle Nutzung vorgesehen und damit griechisches Hoheitsgebiet sei. Beide Seiten haben inzwischen Rechtsgutachten eingeholt zur "völkerrechtlichen Vollstreckungsimmunität", so der Fachbegriff. Jede hat eines, das ihren Standpunkt bestätigt. Patt.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) lässt mitteilen, dass diese Gutachten derzeit keine Rolle spielten, man wolle sich gütlich einigen. Konstantinidis erklärt, es sei besser, zu reden, als zu prozessieren. Er freut sich, dass verhandelt wird und hält die Zwei-Schulen-Lösung für machbar, sei die Fläche doch immerhin 15 000 Quadratmeter groß. Für Detailantworten über die Kostenübernahme für den Abriss der griechischen Ruine und den Neubau etwa sei es noch "vier bis sechs Wochen zu früh".

Der Berg am Laimer Bezirksausschuss hat nun den Antrag gestellt, endlich gründlich informiert zu werden. Gerüchteweise liegt die neue Kehrtwende daran, dass das Thema zu diplomatischen Verwicklungen führe, dass das Auswärtige Amt den Oberbürgermeister dränge, den Griechen entgegenzukommen, ob man nun im Recht sei oder nicht. So munkelt man im Stadtteil. Doch die Stadt dementiert: "Druck seitens des Auswärtigen Amtes, zu einer Lösung zu finden, gab es nicht", so Sprecher Matthias Kristlbauer.

Der Bezirksausschuss-Vorsitzende Robert Kulzer (SPD) aber ist sich nach all seinen Erfahrungen sicher, dass ein deutsch-griechisches Gemeinschaftsprojekt nicht funktionieren werde: "Ich kann mir das nicht vorstellen." Er will es sich auch nicht vorstellen, denn bisher plante die Stadt ein Gymnasium und ein "Haus für Kinder". Würden dort griechische Klassen berücksichtigt, bedeutete das auf jeden Fall das Aus für die Krippen- und Kindergartengruppen. Ein weiterer Leidtragender wäre zudem der benachbarte FC Phönix, denn die neue Kombi-Schule bräuchte sicherlich tagsüber dessen Freiflächen. Eine Doppelschule würde zudem zu Verkehrschaos in der engen Straße führen, glaubt Kulzer.

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Quelle:
SZ vom 01.02.2018
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