Süddeutsche Zeitung

Benefiz-Auktion:Sisis Stern kommt unter den Hammer

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Der Urenkel des letzten bayerischen Königs versteigert seine Geburtstagsgeschenke. Gegen Höchstgebot gibt es auch eine Geigenstunde bei Anne-Sophie Mutter.

Von Susanne Hermanski

Sisis Stern

Franz Herzog von Bayern hat sich zum 85. Geburtstag reich beschenken lassen, um alles gleich wieder weiterzugeben. 477 Objekte lieferten Künstler und Freunde für seine große Benefizauktion ein, für jeden Geldbeutel sollte nach seinem Wunsch etwas dabei sein. Die Versteigerung am Donnerstag ist auch ein großes gesellschaftliches Ereignis. Ersteigert werden kann zum Beispiel das berühmteste Schmuckstück Österreichs: der Nachbau des funkelnden Sterns, den Sisi im Haar trug.

Startschuss

Diese Aufnahme von der Startaufstellung des Eifelrennens am Nürburgring hat die "Mamarazza" Manni Sayn-Wittgenstein 1953 gemacht. Im nächsten Jahr wird die Schwiegermutter von Sunnyi Melles 100 Jahre alt, ihre Fotografien haben schon längst Kultstatus. Diesen ersten von 25 nummerierten, limitierten und signierten Abzügen hat sie selbst gespendet. Mehr als 50 Jahre lang hat Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn als Expertin der gehobenen Gesellschaft die internationale Prominenz bei nicht weniger prominenten Ereignissen fotografiert. Sie legte viele Reisereportagen vor und Bücher wie den Band "ManniFeste".

Löwenherz

Nein, das ist eigentlich gar kein bayerischer Löwe, sondern ein französischer. Der "Lion qui marche" stammt aus der Hand von Antoine Louis Barye, der 1795 in Paris geboren wurde. Der Bildhauer hatte einen exzellenten Ruf als Tierbildner und wurde für seinen "Eine Schlange zerreißenden Löwen" kurzerhand zum Ritter der Ehrenlegion geschlagen. Geschenkt hat diesen schreitenden kleinen Bruder des Schlangenschlingels (misst knapp 40 Zentimeter) kein Ritter, sondern Albert Fürst von Thurn und Taxis. Also doch ein Bayer. Überhaupt legen die Veranstalter der Versteigerung Wert auf einwandfreie geklärte Provenienzen.

Ansichtssache

Bei diesem durchaus dekorativen kleinen Objekt handelt es sich wohl um das am wenigsten wertvolle der gesamten Auktion. Geschätzt wurde es nur mit 20 bis 60 Euro. Dabei stammt diese Lupe in Form eines Anhängers aus der Zeit von 1840 bis 1850, sie ist aus Messing gefertigt und mit Glassteinen besetzt. Doch auch wenn nicht alles Gold und Rubine sind, was da glänzt: Das Objekt besitzt Raffinesse. Es ist in der Form eines Miniatur-Fernrohrs gearbeitet. Im Durchmesser ist es nur 2,7 Zentimeter groß, zudem ist es viel schöner als all die Billig-Lesebrillen aus dem Drogeriemarkt. Bernhard Erbprinz von Baden heißt der Mann, der sich trotzdem davon getrennt hat.

Windsbraut

Diese Fotografie trägt den Titel "Höhere Gewalt". Gunter Sachs hat sie 1980 aufgenommen. Der One-off-Vintage-Print gehört zu den am höchsten taxierten Objekten, die zur Versteigerung kommen werden. Geschätzt ist dafür ein fünfstelliger Betrag. Es gibt aber auch viele Teile, die unter 100 Euro taxiert sind und begonnen wird die Auktion in der Regel mit null Euro. Die Estate Gunter Sachs hat den Papierabzug gespendet. Auch Franz von Bayern selbst hat einige Stücke aus seiner eigenen umfangreichen Kunstsammlung zur Verfügung gestellt. Zudem will er während der gesamten Versteigerung persönlich anwesend sein.

Antiprachtstück

Von Anselm Kiefer stammt dieses Objekt aus Blei, Acryl, Kreide und getrockneten Blumen. Die knapp 70 Zentimeter große Munitionskiste - oder ist es ein Bleisarg für ein U-Boot ? - fertigte er im Jahr 2011. Kiefer, der 1948 in Donaueschingen geboren wurde, lebt in Paris. Eingeliefert wurde das auf 80 000 bis 120 000 Euro geschätzte Werk direkt aus seinem Atelier, gespendet wird es von Kiefer selbst und der Galerie Ropac London - Paris - Salzburg.

Spielerglück

Diese goldgeprägte und mit rotem Leder bezogene Kassette ist so etwas wie die Playstation vergangener Tage. Sie enthält diverse Einsätze und ein Spielbrett für Schach und Tricktrack, dazu auch die entsprechenden Spielsteine, Jetons und vieles andere, womit sich analog spielen lässt. Die Kassette ist aber, ihrem Alter und wohl auch der Spielleidenschaft ihrer Vorbesitzer entsprechend, schon ein klein wenig beschädigt. Ursprünglich kam sie einmal aus dem schottischen Edinburgh, ein Grund zu Geizen sollte das den Bietenden bei der Auktion aber nicht sein.

Affenhitze

Dieser kunstvolle Knauf eines Sonnenschirms hat die Form eines frechen Affen. Weil er wohl aus Meissner Porzellan gestaltet wurde, sollte man ihn keinesfalls nach der nächsten Lustwandelei irgendwo versehentlich stehen lassen. Er gehörte früher Juliana Gräfin Draskovich von Trakostjan, Prinzessin von Montenuovo (1880-1961). Der Name klingt schon allein wie eine Operette. Geliefert wird der Schirm im Originalkarton.

Opernreif

Gerade noch im Bühnenbild des Parsifal an der Bayerischen Staatsoper, schon überm Schreibtisch eines Mannes oder einer Frau mit Sinn für die deutschen Malerei: Georg Baselitz hat dieses große Blatt (rund 50 mal 66 Zentimeter) ohne Titel aus dem Jahr 2016 gespendet. Er ist nicht der einzige gefeierte Künstler, der mit Werken bei "Helfen ohne Limit" vertreten sein wird. Auch Neo Rauch und Rosa Loy sind darunter. Die beiden arbeiten derzeit am Bühnenbild der nächsten großen Wagner-Festspiel-Premiere: dem Lohengrin in Bayreuth. Die Galeristen Sabine Knust und Fred Jahn haben unter anderem Arbeiten von Markus Lüpertz beigesteuert.

Tafelsilber

Diesen Tafelaufsatz aus dem Jahr 1802 hat Marie Gabrielle Fürstin von Waldburg-Zeil gespendet. Sie ist die ältere Schwester von Franz und Urenkelin des letzten bayerischen Königs Ludwig III. Geboren wurde sie am 30. Mai 1931, gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Marie Charlotte. Beileibe nicht immer haben sie in ihrer Kindheit von so feinem Silber gegessen. Die Familie war in der NS-Zeit monatelang in verschiedenen Konzentrationslagern interniert. Texte: Hermanski, Fotos: Neumeister / Benefizauktion Helfen ohne Limit

Der Ehrlichkeit halber sei es gleich zugegeben: Diesen diamantbesetzten Stern hat Sisi nicht persönlich in ihrem Haar getragen. Aber er ist im bis heute existierenden Wiener Atelier nach dem Originalentwurf des Hof- und Kammerjuweliers Alexander Emanuel Köcherts 1860 gefertigt.

So populär ist er dank eines Porträts des Malers Franz Xaver Winterhalter, auf dem die Kaiserin mit neun dieser in ihrem Haar eingeflochtenen Sternen zu sehen ist. Er gilt als das berühmteste Schmuckstück Österreichs - auch wenn die Sisi bekanntlich als eine "Herzogin in Bayern" aus dem heutigen Freistaat stammte.

Deshalb gehören Köcherts Nachfolger nun zu jenen Spendern, die für die große Benefizauktion anlässlich des 85. Geburtstags von Franz Herzog von Bayern allerlei Schätze eingeliefert haben: kleine (wie den Drei-Zentimeter-Funkelstern), große (wie eine 2,15 Meter breite Fotografie Andreas Gurskys), materielle (Isargold-Münzen) und immaterielle - wie eine Geigenstunde mit Anne Sophie Mutter.

Die Virtuosin sagt in wenigen Worten, warum so viele Künstler, Galeristen, Verwandte, Privatleute und Institutionen Franz von Bayerns Wunsch nachgekommen sind, ihn nicht persönlich zum 85. Geburtstag zu beschenken, sondern den Hilfsverein Nymphenburg zu unterstützen: "Dieser wunderbare Kunstmäzen und Philanthrop unterstützt seit Jahrzehnten nicht nur die Kunst, sondern auch das Musizieren." So sammelt der Hilfsverein, den Franz von Bayerns Eltern in der Nachkriegszeit gegründet haben, auch für Musikinstrumente für Kinder im bitterarmen Südalbanien.

Mehr im Vordergrund steht bei der Auktion "Helfen ohne Limit" nun aber ein Projekt in Kenia, für das sich Franz' Neffe Ludwig von Bayern schon seit Jahren und intensiv an Ort und Stelle in Afrika engagiert. Es trägt den Titel "Value Villages" und bietet ein durchdachtes Programm der Hilfe zur Selbsthilfe, das Mädchenbildung und mehrere IT-Initiativen mit umfasst.

Ludwig ist der älteste Sohn von Luitpold Prinz von Bayern, steht in der Erbfolge des Hauses Wittelsbach an Platz drei und wird Franz wohl auch einmal als Kunstförderer und Menschenfreund nachfolgen. Wie es heißt, bereitet Franz, der selbst keine Kinder hat, den studierten Juristen und jungen Entwicklungshelfer schon seit Längerem auf die künftigen Repräsentationsaufgaben vor. Heinrich Graf von Spreti, bekannt als deutscher Sotheby's Präsident, ist Vorsitzender des Kuratoriums der Auktion, stattfinden wird sie aber in Katrin Stolls Auktionshaus Neumeister, das dem Benefizgedanken folgt und auf sein Aufgeld verzichtet.

Helfen ohne Limit: Auktion: Do., 19. Juli, 10.30 Uhr (Alte Kunst/Kunsthandwerk), ab ca. 15.30 Uhr (Moderne Kunst). Besichtigung: Mi., 18. Juli, 10-17 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2018
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