Süddeutsche Zeitung

Bauarbeiten für Ausweichquartier:Sendling mag den Interims-Gasteig nicht

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Skeptische Stimme aus der Nachbarschaft

"Baustaub, Bohrkerne, neue Ziegel" vom 5. Oktober:

Wieder hat es Gasteigchef Max Wagner geschafft mit diesem unseligen Projekt des Gasteiginterimsprojekt in Sendling, die Presse zu blenden. Das Projekt wurde klar von einer Bürgerversammlung in Sendling im Oktober 2017 abgelehnt und doch vom Stadtrat durchgewunken. Das ölkontaminierte Gelände in Sendling, auf dem die neue Konzerthalle und die restlichen Institutionen des Gasteigs unterkommen sollen (zuvor waren dort auf dem bisherigen Parkplatz bis in die 1970er-Jahre zwei riesige Öltanks) wurde von den Stadtwerken Josef Schmid (ehemals stellvertretender Bürgermeister, nun CSU-Landtagsabgeordneter; d. Red.), der sich in München aus der Verantwortung gestohlen hat, und Gasteigchef Max Wagner geschickt als Interimsgelände untergejubelt. Das ging sehr schnell, sodass es unglaubwürdig ist zu behaupten, dass vorher über 30 andere Standorte genau und ernsthaft geprüft wurden.

Der Boden des Geländes müsste nun eigentlich entkontaminiert werden. Das müsste das geplante Bauvolumen von 90 Millionen Euro sprengen. Darüber wird aber nichts gesagt. Die vorigen Mieter und Kleingewerbler des Geländes wurden meines Wissens nun doch zum Teil vertrieben oder - falls verblieben - bangen weiterhin um ihre Mietflächen (Keller und Lagerflächen). Der Baulärm auf der Baustelle ist derzeit für die Nachbarn unerträglich. Die Bauhöhen der geplanten Konzerthalle und der Neubauten im Umfeld der umliegenden Gebäude und Wohnhäuser ist viel zu hoch, das ist zu eng bebaut. Und das direkt an der Isar beziehungsweise am Isarkanal!

Was mit dem Ausbildungszentrum auf dem dortigen Gelände passiert, wird auch nicht thematisiert. Aber man wollte und will eben unbedingt dorthin. Die Lage an der Isar ist eben schick und doch auch direkt am Mittleren Ring gelegen. Und das wird mit den (vielleicht) vielen zukünftigen Besuchern des Gasteiginterims und den zusätzlichen Bussen in Zukunft zum Verkehrschaos am Ring führen. Den eh schon jetzt autogeplagten Anwohnern der Brudermühlstraße wird noch mehr Lärm und Dreck beschert. Viele Sendlinger sind zu Recht entsetzt über dieses Prestigeprojekt vor ihrer Haustür.

Eine Alternative hätte in Riem durchaus bestanden. Den Konzertsaal hätte man auch in der Eingangshalle des Deutschen Museums (unweit des Gasteig!) unterbringen können - da wäre eben Verhandlungsgeschick gefragt gewesen. Und die restlichen Institutionen hätte man in der Stadt verteilen können, so dass verschiedene Stadtteile von den Kultureinrichtungen "dieser größten Kulturstätte Deutschlands", was mantraartig immer wieder von Wagner behauptet wird, hätten profitieren können.

Daneben steht ja aber noch die eigentliche Gasteigsanierung an, ein Mammutprojekt, das eventuell auf die 500 Millionen Euro Kosten zusteuert und im Grunde ein prestigeträchtiger Neubau werden soll. Der einfache Steuerzahler fragt sich da schon, ob man die Gesamtsanierung des Gasteigs in Teilsanierungen (mit Verbleib oder Teilschließungen der Institutionen vor Ort) nicht günstiger hätte haben können. Aber man will ja unbedingt klotzen, nicht kleckern! Dr. Dirk Klose, München

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Quelle:
SZ vom 12.10.2019
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