Süddeutsche Zeitung

Baseball:Die Tücke der Langsamkeit

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Bundesligist Haar schlägt Tübingen und ist zurück im Kampf um die Playoffs

Von Johannes Knuth, München

Baseball ist ein Spiel der Täuschung. Der Werfer muss den gegnerischen Schlagmann mit seinen Würfen verwirren, mal wirft er härter, mal langsamer, und der Langsamkeit wohnt dabei oft die größte Tücke inne. Die Bundesliga-Baseballer der Haar Disciples mussten das am vergangenen Samstag wieder erfahren. Der Gegner, die Tübingen Hawks, bot im ersten Spiel den Briten Kyle Waddell auf. Waddell führt seinen Arm beim Wurf seitlich am Körper vorbei, er lässt den Ball knapp über dem Rasen los, von dort nähert sich der Ball dem Gegner, langsam - und kippt in letzter Sekunde nach links oder nach unten weg, weil ihm Waddell viel Drall mitgegeben hat. "Man sieht es ihm nicht an", sagte Haars Sportdirektor Michael Stephan, "aber er ist wirklich gut."

Die Disciples ließen sich oft täuschen am vergangenen Samstag. Sie gewannen das erste Spiel trotzdem 1:0 nach Verlängerung, das zweite 5:1. Mit der Offensivleistung hatten sie sich keinen Schönheitspreis verdient, vor allem im ersten Spiel gab es Abzüge in der B-Note. Stephan wertete die Heimspiele dafür als Kur für das zuletzt ramponierte Selbstvertrauen. "Wir waren uns immer sicher, dass wir gewinnen werden", sagte er. Das war vor allem den hauseigenen Werfern geschuldet, deren Abteilung Stephan zuletzt ein wenig umstrukturiert hatte. Kevin Trisl begann am Samstag das erste Spiel als sogenannter Starting Pitcher, er warf tadellos. Lukas Steinlein, der diesen Posten im Vorjahr ausgefüllt hatte, löste Trisl ab und brachte die Partie nicht minder tadellos zu Ende. Das Jobprofil eines Einwechselwerfers erfordert Nervenstärke, er muss oft einen knappen Vorsprung verteidigen, und Steinlein, haben sie in Haar festgestellt, fühlt sich in dieser Rolle wohler als Trisl. Im zweiten Spiel punktete Haars Offensive dann etwas pünktlicher, Pitcher Gabriel Sandersius verwaltete den Vorsprung mühelos.

Die Disciples haben sich nun auf den vierten Tabellenrang in der Südstaffel vorgeschoben, sie haben sich nach ihrem mauen Saisonstart im Wettbewerb um die Playoffs angemeldet. Nächster Gegner sind die Regensburg Legionäre. Der ehemalige Meister hatte im Winter Trainer Martin Helmig hinauskomplimentiert, die Regensburger haben die Umbaumaßnahmen beim Personal aber erstaunlich schnell abgeschlossen. Bislang haben sie noch kein Spiel verloren. Ein bisschen neidisch sind sie in Haar schon auf die Möglichkeiten, die der neue Trainer Ivan Rodriguez vorfindet, auf die drei Mitarbeiter zum Beispiel, die Rodriguez in Vollzeit assistieren und in Ruhe die kommenden Gegner auskundschaften. "Wir wollen den Legionären mindestens ein Spiel abknöpfen", richtete Haars bester Angreifer Josh Petersen trotzdem aus. Zumindest in Sachen Selbstbewusstsein agieren die Disciples wieder auf Augenhöhe.

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Quelle:
SZ vom 04.05.2015
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