Süddeutsche Zeitung

Band Kytes:Coole Musik braucht einen coolen Namen

Lesezeit: 2 min

Die Münchner Band "Blind Freddy" hat sich in "Kytes" umbenannt. Und auf einmal läuft es für sie richtig gut.

Von Jürgen Moises

Wären die Beatles als The Quarrymen ebenfalls weltberühmt geworden, oder unter dem Namen Johnny and the Moondogs? Wie ist es mit Joy Division, Depeche Mode oder den Beach Boys? Hätten diese als Stiff Kittens, Composition Of Sound oder als The Pendletones heute die gleichen und genauso viele Fans? Man kann sich das zugegeben nur schwer vorstellen. Irgendwie hat man doch das vage Gefühl oder ist sogar der festen Überzeugung, dass in der Welt der Popmusik "nomen est omen" gilt. Coole Musik braucht einen coolen Namen. Oder würde sich jemand Musik von T ony Flow and the Miraculously Majestic Masters of Mayhem anhören? Okay, der Name ist zwar idiotisch, aber doch gar nicht so blöd. So hatten sich die Red Hot Chili Peppers bei ihrem ersten Auftritt noch genannt.

Dass sie ihr alter Bandname nicht mehr wirklich weiter bringt und außerdem ein bisschen kindisch klingt, davon waren jedenfalls die vier Musiker der Münchner Indierock-Band Blind Freddy überzeugt. Dabei war die noch als Schülerband gegründete Formation mit dem Sieg bei einem Bandwettbewerb und Auftritten bei "Rock im Park" und "Rock am Ring" sogar vergleichsweise erfolgreich.

Seit eineinhalb Jahren nennen sich Michael Spieler, Timothy Lush, Kerim Öke und Thomas Sedlacek nun Kytes, und siehe da: Das Debütalbum "Heads And Tales", das die Band an diesem Freitagabend in der Muffathalle präsentiert, ist Mitte September bei dem Berliner Major-Label Filter Records erschienen. Außerdem sind die Münchner im Frühjahr beim renommierten South-By-Southwest-Festival in Texas aufgetreten, und ihr Song "On The Run" wurde als Werbejingle von einem Mobilfunk-Konzern eingekauft.

Es scheint aktuell also recht gut zu laufen für die Kytes, die, wie "Heads And Tales" zeigt, mit dem Namen auch ihre Musik ein Stück weit mit verändert haben. Zwar klingen bei Songs wie "Head To Toe" oder "Spy" noch immer alte Indierock-Vorbilder wie The Kooks oder die Arctic Monkeys durch, und "Future Kids" etwa stammt noch direkt aus vergangenen Blind-Freddy-Zeiten. Aber insgesamt klingt die Musik auf "Heads And Tales" nun poppiger, melodischer und verspielter als früher, mit mehr Keyboards und mehr Synthiesounds und gleichzeitig zurückgenommenen Gitarren.

"Two Of Us" mit seinem Discopop-Rhythmus und Hall-Effekten erinnert eher an Air als an die Arctic Monkeys, "As We Row" könnte fast von The Police stammen. Wobei das in dem Fall vor allem an der hohen, melodischen Stimme von Michael Spieler liegt. Die kommt an einigen Stellen derjenigen von Sting doch ziemlich nahe.

Was dem Album dagegen ein kleines bisschen fehlt, das sind die wirklichen Überraschungen, oder auch der Mut zu ein paar mehr Ecken und Kanten. Mit Clap-Sounds, Hall und Chorgesang wirken manche Songs jedenfalls etwas zu sehr auf Eingängigkeit getrimmt. Man muss es ja nicht allen recht machen, sondern kann sich auch mal selbstbewusst zwischen "heads" und "tails", zwischen Kopf und Zahl entscheiden. Ein Händchen für einprägsame Melodien und gut tanzbare Grooves, das haben die Kytes jedenfalls und mit Up-, Mid-Tempo- und ein paar ruhigen Nummern sowie kleineren musikalischen Experimenten bietet "Heads and Tales" viel Abwechslung.

Live dürfte das Ganze eh noch eine Spur direkter und energischer daher kommen. Trotzdem sollten die Kytes, die in Giesing noch immer ihre feste "Homebase" sehen, vielleicht aufpassen, dass sie beim Unbedingt-Erwachsen-Werden-Wollen genau diese Direktheit und Lebendigkeit nicht irgendwann verlieren.

Kytes: Heads And Tales (Filter Music Group); Freitag, 28. Okt., 20 Uhr, Muffathalle, Zellstr. 4

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Quelle:
SZ vom 28.10.2016
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