Süddeutsche Zeitung

AWM:Kampagne gegen Plastikmüll

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Von Thomas Radlmaier, München

Es ist ein Stoff, der sich oft unsichtbar macht. Er verschmutzt Meere, Seen und Flüsse. Er schwimmt an der Oberfläche oder lagert am Boden in der Dunkelheit. Fische fressen ihn und verenden: Plastik. Wie Forscher der Universität Bayreuth vor kurzem festgestellt haben, treiben in der Isar flussabwärts von München mindestens zehn Mal so viele Plastikpartikel wie südlich der Stadt. Zwar hätten die Menschen das Plastikproblem endlich erkannt, sagt Axel Markwardt, "aber eigentlich ist es jetzt zu spät."

Markwardt ist als Kommunalreferent für den Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) zuständig, der die Stadt sauber hält. Das Unternehmen will die Münchner wachrütteln und sensibilisieren, dass sie soweit wie möglich auf Verpackung verzichten. Denn wie andere Großstädte ist auch München eine Plastik-Hochburg. Laut AWM produziert jeder Münchner 24 Kilogramm Plastikmüll pro Jahr, das ist in etwa ein Kubikmeter. Ein Großteil davon landet außerhalb der Recyclinganlagen und damit in der Natur.

Um den Stadtbewohnern die Dimension der Müllproduktion zu verdeutlichen, hat der AWM nun eine Kampagne gestartet. An Infoscreens in U-Bahnen sollen zehn Tage lang Spots laufen, die über die Problematik aufklären. Es werden Flyer verteilt, öffentliche Gebäude, Werbeflächen und die AWM-Müllautos werden mit Plakaten zugekleistert. Darauf sind die Bavaria, das Siegestor und die Frauenkirche zu sehen, jeweils umhüllt mit Plastikmüll. Die Motive sollen den Münchnern ein Gefühl geben für die Mengen. Beim AWM hat man errechnet, dass die Münchner stündlich so viel Plastikmüll produzieren, dass man die komplette Bavaria damit füllen könnte. Nimmt man die Menge pro Tag, könnte man das Siegestor originalgetreu nachbauen. Der Plastikmüll einer Woche in München reicht, um damit einen Turm der Frauenkirche mit Flaschen oder Plastiktüten voll zu machen.

Schaut man sich das Plakat des AWM genauer an, sieht man die Uhrzeiger auf dem zweiten Kirchturm. "Es ist fünf vor zwölf", sagt Markwardt. Zwar hat sich die EU-Kommission des Plastikproblems nun angenommen. Sie möchte unter anderem Plastikgeschirr verbieten und bis 2030 alle Kunststoffe wiederverwertbar machen. Aber Günther Langer, der für den AWM oft in Brüssel unterwegs ist, sagt: "Wir können nicht warten, bis die EU soweit ist."

Was ihn und Kommunalreferent Markwardt sorgt, sind Studien wie diese: Bayerische Wissenschaftler haben untersucht, wie viel Plastikpartikel in der Isar schwimmen. Demnach ist die Menge in Moosburg zehnmal so groß wie an der Stadtgrenze. "Das ist eine alarmierende Zahl", sagt Markwardt. Zwar sei unklar, wie die Kunststoffteilchen in die Isar kämen, also ob etwa durch Partymüll. "Aber wir wissen, dass wir endlich handeln müssen."

Die Strategie des AWM ist, Abfall erst gar nicht entstehen zu lassen. Die Rechnung geht so: Weniger Verpackung bedeutet weniger Müll. Daher könne jeder einzelne etwas tun, indem man einfache Tipps befolge, sagt Markwardt. Zum Beispiel beim Einkaufen die Lebensmittel statt mit der Plastiktüte mit dem Stoffbeutel tragen. Wasser aus der Leitung trinken, den Kaffee beim Bäcker in einen Mehrwegbecher füllen lassen, selber kochen statt Lieferdienst, Milchflasche statt Milchtüte. Befolge jeder diese einfachen Tipps, sei schon viel getan, sagt Markwardt. "Das könnte der Türöffner zur Lösung des Plastikproblems sein."

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SZ vom 30.06.2018
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