Süddeutsche Zeitung

Au:Stopp statt Go

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Verkehrsverdruss in der Au: Verstopfte Straßen und überfüllte Stellplätze quälen die Anwohner. Bei der Bürgerversammlung hagelt's auch Kritik über Party-Gewummer an der Isar

Von Julian Raff, Au

Verkehrsprobleme beschäftigten die Menschen in der Au bei ihrer Bürgerversammlung am meisten. Neuerdings sind es weniger rollende oder parkende Pkw-Massen, die die Nachbarn nerven, als eine von der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) gewollte Verdichtung des öffentlichen Verkehrs: Bereits eine Woche zuvor, auf der Haidhauser Bürgerversammlung, hatte Henning Eickenbusch, Anwohner der Welfenstraße (Obere Au) und nach eigenem Bekunden treuer MVG-Kunde, auf ein relativ neues Ärgernis aufmerksam gemacht: Nach zweijähriger Erprobung fahren die Express-Busse der Linie X 30 seit letztem Jahr regulär zwischen Harras und Ostbahnhof im Fünf- oder höchstens im Sieben-Minuten-Takt. Die Welfenstraße werde dabei von den Fahrern offenbar gerne genutzt, um Zeit gut zu machen, die auf dem chronisch verstopften Obergiesinger Streckenabschnitt verloren geht. Besonders unangenehm werde es, wenn die Express-Fahrer sich mit den Kollegen der regulären Linie 148 ins Gehege kämen, bis hin zu waghalsigen Überholmanövern. In die neue Klage über Lärm, Luftverschmutzung und Gefährdung stimmten gleich vier von 15 Bürgern ein, die sich auf der Versammlung zu Wort gemeldet hatten.

Mit mehr Verständnis für die Nebenwirkungen ihres neuen Angebots könnte die MVG wohl rechnen, wenn sie den Anwohnern zum Ausgleich eine Zusteigemöglichkeit an der Welfenstraße bieten würde. Für sich genommen, würde ein zusätzlicher Halt den Schnellbus noch nicht einmal übermäßig ausbremsen, räumte auch MVG-Vertreter Dominik Fritz ein. Allerdings dürften weitere Streckenanlieger folgen, so dass der X 30 schließlich, bei Berücksichtigung aller Bürgerwünsche, auf normales Bustempo gedrosselt würde und nicht mehr die gewünschte Alternative zur U-Bahn böte. Es bleibt also bei den fünf Zwischenhaltestellen mit U-Bahn-Anschluss. Trotz abnehmender Nachfrage in Richtung Ostbahnhof hatte Fritz auch kein Ohr für die Forderung, die Strecke bis zur Silberhornstraße zu verkürzen. Schließlich habe man nach der Probephase bereits die Endhaltestellen Partnach- und Max-Weber-Platz gestrichen. Die Erfolgsaussichten für Eickenbuschs Antrag auf kürzere Strecke, längeren Takt und eine "pragmatischere" Anbindung der Welfenstraße scheinen damit gering. Dennoch stimmten die Auer mit großer Mehrheit zu, anders als die Haidhauser eine Woche zuvor.

Besonders die Bewohner der Unteren Au drückt unterdessen weiterhin die Parkplatznot im Viertel. Das Auslaufen des Pachtvertrags für den Mariahilfplatz zum Jahresende dürfte daran nichts ändern, da das Dult-Gelände wohl auch danach wieder an einen Parkplatz-Betreiber gehe, wie ein Vertreter des Kreisverwaltungsreferats (KVR) klar stellte. Wenigstens können Auspendler hier gegen ein geringes Jahresentgelt ihre Fahrzeuge über Nacht abstellen. Oberhalb des Isarhangs an der Hochstraße machen sich unterdessen Wohnmobile und Kleinbusse vor den Herbergshäuschen breit, wie eine Anwohnerin klagte. Überdimensionale Dauerparker sind kein schöner Anblick, aber laut KVR ein unvermeidbarer, sofern die Eigentümer einen Parkausweis haben. Wirklich rücksichtsloses Freizeitverhalten spiele sich dagegen unten an der Isar ab: Wie ein Nachbar berichtete, werde die Party immer häufiger durch mobile Verstärkeranlagen akustisch untermalt, oft durchgehend von den Nachmittags- bis in die frühen Morgenstunden.

Nicht nur bei Regenwetter dienten die Bögen der Reichenbachbrücke neuerdings als zusätzlicher Resonanzboden und schleuderten das Gewummer noch tiefer in die Wohnstraßen hinein. Die Versammlung forderte mehrheitlich ein deutlicheres Einschreiten der von der Stadt beauftragten Ordnungsdienste. Gegen Scherben an der Isar helfen dagegen weiterhin nur Appelle. Der Antrag auf ein Glasflaschen-Verbot für umliegende Kioskbetreiber und Händler fiel knapp durch, da er sich laut Stadtverwaltung kaum umsetzen ließe.

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Quelle:
SZ vom 07.03.2016
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