Süddeutsche Zeitung

SZ-Hilfsaktion:"Was für ein Vertrauen in unsere Arbeit"

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Leser spenden 6,2 Millionen Euro für den "Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung".

Von Sven Loerzer, München

"Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet", sagt Irmgard V., "das war eine tolle Überraschung." Die SZ-Leser hätten ihr "eine große Freude gemacht", dank ihrer Spenden für den "Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung" könne sie nun "alles, was kaputt ist, reparieren lassen". Bei der 71-Jährigen hatte sich so einiges angesammelt. Denn die kleine Rente, "sie entspricht in etwa der deutschen Durchschnitts-Frauenrente", deckt zwar die Miet- und Stromkosten, aber dann bleiben nicht einmal mehr 250 Euro übrig. Ohne den einen oder anderen kleinen Job oder ehrenamtliche Einsätze gegen eine Aufwandsentschädigung geht es nicht, da müsste sie Grundsicherung beantragen, aber das will sie nicht. Corona machte alles noch schwieriger, ihre Einsätze als Demenzhelferin fielen weg.

"Die Corona-Pandemie prägt seit fast zwei Jahren unseren Alltag", sagt Anita Niedermeier, Geschäftsführerin des "Adventskalenders für gute Werke der Süddeutschen Zeitung" und betont: "Die daraus resultierenden Maßnahmen wirken sich nicht nur auf unser aller Gemüt aus, sondern bringen viele Menschen unverschuldet in Not." Um so dankbarer ist sie den SZ-Lesern, dass sie bis jetzt bereits wieder mehr als sechs Millionen Euro für das Hilfswerk gespendet haben. Mit 6,2 Millionen Euro erreicht die 73. Spendenaktion zwar nicht das Rekordergebnis vom vergangenen Jahr, liegt aber ganz erheblich über der Summe, die im Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie zusammenkam. "Was für ein Vertrauen in unsere Arbeit", freut sich Anita Niedermeier, "und das trotz Corona".

Insgesamt gingen bisher 6 210 672 Euro ein für Kinder und Jugendliche, alte Leute und Menschen mit Behinderungen, für Geflüchtete, die sich bemühen, in der neuen Heimat Fuß zu fassen, und für Eltern, die von den Auswirkungen der Pandemie besonders betroffen sind. Zu den Schwerpunktthemen des Münchner Teils kamen die Aufrufe in den Regionalausgaben der SZ. Spenden sind das ganze Jahr über möglich, das Hilfswerk ist nicht nur zur Weihnachtszeit für Menschen in schwierigen Lebenslagen da. Das gesamte Geld wird ohne jeglichen Abzug für die Linderung von Notlagen eingesetzt, denn alle Sach- und Verwaltungskosten trägt der Süddeutsche Verlag. "Überall machen sich die Auswirkungen der Pandemie bemerkbar", sagt Anita Niedermeier. "Speziell Menschen, die vor Corona schon mit finanziellen Schwierigkeiten zu tun hatten, sind durch Arbeitsplatzverlust oder psychische Belastung in ein noch tieferes Loch gefallen oder sogar in die Sozialhilfe gerutscht."

In der Folge sei der Adventskalender vermehrt um die Finanzierung von Laptops für den digitalen Schulunterricht gebeten worden. "Aber auch der Kauf von Kleidung und Schuhen wird für viele immer schwieriger." Dank der SZ-Leser könne der Adventskalender diese Hilferufe sofort und unbürokratisch bearbeiten, hebt die Geschäftsführerin des Hilfswerks hervor. "Speziell die Versorgung der Risikogruppen wie Senioren, Kranke, Alleinerziehende, Kinder und Jugendliche, aber auch Künstler, ist uns sehr wichtig."

Grundsicherung im Alter könnte Irmgard V. zwar beantragen, aber staatliche Unterstützung will die 71-Jährige nicht in Anspruch nehmen. Sie spart, wo es geht, "reduzierten Konsum" nennt sie das. Sie legt Wert auf ihr Äußeres, aber besorgt sich Kleidung nur gebraucht, achtet auf nachhaltige Lebensweise und ist als Essensretterin aktiv. Um so größer war die Freude über die unverhoffte Unterstützung durch die SZ-Leser. "Für mich ist das eine große Erleichterung." Und nicht nur das: Die Hausschuhe, die schon Löcher hatten, habe sie auch noch ersetzen können durch neue Filzpantoffeln. "Das macht einfach Freude."

Wenn das Café Eigenleben im Uni-Viertel am 11. Januar wieder öffnet, hofft Irmgard V. in dem Generationentreffpunkt anderen Menschen, die Rat und Hilfe suchen, zur Seite stehen zu können. Und dann auch die Nachbarin, um die sie sich kümmert, zum Essen einladen zu können. Irmgard V. kann kaum fassen, wie viel positive Resonanz ihre Lebensgeschichte bei SZ-Lesern, aber auch in ihrem Umfeld und im Freundeskreis fand. Da gab es Essenseinladungen, eine frühere Kundin bot ihr einen Mini-Job für die Betreuung einer Website an, "aber das kann ich nicht, da fehlen mir die digitalen Spezialkenntnisse". In ihrem Briefkasten steckte ein Briefumschlag mit einem 50-Euro-Schein und einem Zettel, auf dem sie anonym aufgefordert wurde, sich eine Freude zu machen.

Auch die jeweils etwa 3000 Lebensmittelpakete, die vor allem an alte und alleinstehende Menschen gehen, sorgen für große Freude. Besonders gut kam an, dass das Hilfswerk in Zusammenarbeit mit dem Biomarkt Vollcorner die Pakete nun erstmals mit Produkten in Bio-Qualität ausstattete. Ein "reichhaltiges Paket, und das noch alles Bio-Qualität", freute sich eine Empfängerin. "Dieses könnte ich mir so nicht leisten", dankte sie. "Bio - super!", lobte ein Mann das Paket, verbunden mit herzlichem Dank an die SZ-Leser. Es sei in diesen schweren Zeiten sehr hilfreich. "Die Lebensmittel-Preise ufern gerade extrem nach oben aus", das sei für die Zukunft bedenklich.

"Vielen, vielen Dank an die Spender und Spenderinnen für das so großzügige Lebensmittelpaket, das ich erhalten durfte!" schrieb eine ältere Frau. "Meine Freude ist riesig über die vielen Köstlichkeiten, zumal diese ganz besonderen Gaben von Menschen kommen, die, obwohl wir uns nicht kennen, ein so großes Herz bewiesen haben. Nochmals tausend Dank!" Ein kranker, alter Mann, für den der Adventskalender wegen seines geringen Einkommens für ein Jahr die Vorauszahlung an die Krankenkasse für die Zuzahlungsbefreiung bei ärztlich verordneten Medikamenten und Behandlungen übernahm, dankte den Lesern, "sie haben dadurch eine Last von mir genommen." Er wünsche den Spendern "viel Gesundheit und Glück" für das neue Jahr.

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