Süddeutsche Zeitung

Arbeitsrecht:"Der Vertrag ruht nur"

Lesezeit: 2 min

Der Fachanwalt Thomas Weckbach empfiehlt klare Absprachen vor der Elternzeit

Interview von Kathrin Aldenhoff

SZ: Herr Weckbach, was sollten Frauen - und auch Männer - schon bei der Anmeldung der Elternzeit beachten, um den Wiedereinstieg gut hinzubekommen?

Thomas Weckbach: Grundsätzlich gilt hier, je offener und transparenter die Planung zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber im Vorfeld erfolgt, desto weniger Konflikte sind zu erwarten. Soweit Elternzeit für den Zeitraum ab der Geburt bis zum 3. Geburtstag des Kindes genommen werden soll, ist zu beachten, dass man sich bei der Anmeldung der Elternzeit hinsichtlich der Dauer festlegt: das Gesetz sieht vor, dass mit Anmeldung der Elternzeit verbindlich zu erklären ist, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Meldet man daher zunächst nur ein Jahr Elternzeit an und möchte diese anschließend verlängern, geht dies nur mit Zustimmung des Arbeitgebers. Dasselbe gilt auch bei einer gewünschten Verkürzung der zunächst angemeldeten Elternzeit.

Welche Rechte haben Arbeitnehmer, wenn sie vorher eine Vollzeitstelle hatten, nach der Elternzeit nur Teilzeit zu arbeiten?

Nach Beendigung der Elternzeit lebt das Arbeitsverhältnis grundsätzlich wieder zu unveränderten Bedingungen auf. Der bestehende Arbeitsvertrag ruht während der Elternzeit lediglich. Wer also vorher in Vollzeit tätig war, ist grundsätzlich auch nach der Elternzeit verpflichtet, seine Arbeitsleistung im vollen Umfang wieder zu erbringen. In Unternehmen mit in der Regel mehr als 15 Mitarbeitern kann allerdings eine Verringerung der Arbeitszeit ab Wiederaufnahme der Tätigkeit gemäß den Regeln des Teilzeit- und Befristungsgesetzes beantragt werden. Hierfür ist eine Antragsfrist von drei Monaten zu wahren, so dass der Antrag auf Teilzeit also noch während der Laufzeit der Elternzeit gestellt werden muss. Der Arbeitgeber kann den Anspruch auf Teilzeit unter Berufung auf betriebliche Gründe ablehnen, die er im Prozess auch darlegen und unter Beweis stellen müsste.

Haben Arbeitnehmer das Recht, die gleichen oder ähnliche Aufgaben wie vor der Elternzeit einzufordern?

Nach Beendigung der Elternzeit hat der Arbeitnehmer das Recht, vertragsgemäß beschäftigt zu werden. Ob sich dies auf eine bestimmte, konkrete Tätigkeit bezieht oder ob lediglich die Zuweisung einer damit gleichwertigen Tätigkeit durch den Arbeitgeber geschuldet ist, hängt vom jeweiligen Arbeitsvertrag ab und ist im Einzelfall zu prüfen. In der Regel enthalten Arbeitsverträge sogenannte Versetzungsvorbehalte, so dass häufig lediglich ein Anspruch auf Beschäftigung in einer gleichwertigen Tätigkeit besteht.

Ist es zulässig, Frauen oder Männern, die vorher eine Führungsposition innehatten, nach der Elternzeit keine Führungsposition mehr anzubieten?

Der Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung bezieht sich nicht nur auf die zuvor ausgeübten Aufgaben, sondern auch auf die mit der Tätigkeit verbundenen Verantwortlichkeiten. Wer zuvor Führungsaufgaben und Personalverantwortung innehatte, darf daher grundsätzlich nicht in einer Position beschäftigt werden, die diese Verantwortlichkeiten nicht mehr mit sich bringt. Ob eine neue Tätigkeit gleichwertig zur vorherigen ist, ist jedoch ebenfalls einzelfallabhängig zu prüfen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4677363
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 12.11.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.