Süddeutsche Zeitung

Altstadt:Ein Anker im Herzen der Stadt

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Die Suchtberatung Condrobs eröffnet einen Stützpunkt an der Stollbergstraße. Von dort aus wollen Streetworker jungen Menschen helfen, von Drogen und von der Straße wegzukommen in ein geregeltes Leben

Von Alfred Dürr, Altstadt

Sie helfen jungen Leuten mit psychosozialen Problemen auf Szeneplätzen in der Innenstadt. Oder sie sind da, wenn die Party auf der Clubmeile zwischen Blumen-, Sonnen- und Türkenstraße aus dem Ruder zu laufen droht - die Streetworker von der Sozialeinrichtung Condrobs. An zentraler Stelle, an der Stollbergstraße 1, eröffnet Condrobs nun offiziell ein Beratungsbüro mit mehreren Räumen. Die dringend nötigen Sanierungsarbeiten sind erledigt, die Elektrik ist neu, und auch die Heizung ist auf einem modernen Stand.

Es gibt dort genügend Platz für vertrauliche Beratungsgespräche und Angebote für Gruppen. Jugendliche und junge Erwachsene können sich einfach hier aufhalten, zum Beispiel auch das Internet nutzen oder eine Waschmaschine füllen. Geplant ist die Zwischennutzung des Hauses zunächst für zwei Jahre. Condrobs hofft allerdings auf eine Verlängerung.

Die mehr als 100 Jahre alte Wohn-Immobilie, die einer von der Stadt verwalteten Stiftung gehört, hatte vor fünf Jahren für Aufregung gesorgt. Der Bezirksausschuss Altstadt-Lehel hatte der Stadt vorgeworfen, sie lasse das Haus bewusst verfallen, um die damaligen Mieter loszuwerden. Die Stadt wiederum argumentierte, das Haus sei in einem so schlechten Zustand, dass der Stiftung eine umfassende Sanierung aus wirtschaftlichen Gründen nicht zugemutet werden könne. Infrage komme nur ein Abriss und Neubau. Nun sind die Pläne konkret geworden, aber bis die Entwürfe für das neue Wohnhaus vorliegen, konnte die Stadt für zwei Jahre noch die Nutzung durch Condrobs zusichern.

Das bisherige Ein-Zimmer-Büro für die Streetworker von Condrobs an der Müllerstraße war schon längst zu klein geworden. Streetwork sei enorm wichtig, denn Straßenkarrieren dürften sich nicht verfestigen, heißt es dort. Man müsse auf der Straße den Kontakt zu den jungen Leuten mit ihren Problemen halten und Rückkehrmöglichkeiten in ein geregeltes Leben ermöglichen. Bei den feiernden Personen auf der Partyzone in der Innenstadt gehe es darum, die Risiken des ungehemmten Nachtlebens aufzuzeigen und für die jungen Leute Ansprechpartner zu sein.

Birgit Treml ist Streetworkerin und zuständig für ambulante Hilfsangebote. Die Aufenthaltsorte der Jugendlichen, die Art des Suchtmittel-Konsums veränderten sich im Laufe der Zeit, sagt sie, es gebe immer wieder andere Schwerpunkte im Stadtgebiet. Aber die Grundprobleme wie Bindungslosigkeit, fehlende Schulabschlüsse, Drogen und zum Teil auch Obdachlosigkeit seien weiterhin aktuell. Um die Jugendlichen, die sich nachts in der City vergnügen, gibt es einen eigenen "Partymeilen-Bus", der am Stachus geparkt ist.

Die Streetworker wollen auch mit ihren neuen Räumen dazu beitragen, dass diese Jugendlichen wieder Fuß fassen können. Wegen der Wohnungsnot in der Stadt habe es diese Gruppe noch schwerer, weil sie bei der Suche nach einer festen Bleibe im Vergleich zu anderen oft unterliege und nicht mithalten könne. Ein weiteres Aufgabengebiet für die Streetworker sind junge Flüchtlinge, die sich auf der Straße aufhalten. Häufig würden die Klienten zu Ämtern begleitet, um ihnen beim Ausfüllen von Anträgen oder der Durchsetzung von Ansprüchen behilflich zu sein.

"Wir freuen uns sehr über die Räume in der Stollbergstraße", sagt Treml. Denn mitten in der Stadt etwas zu finden, sei extrem schwierig: "Entweder sind die Preise viel zu hoch oder es gibt massive Vorbehalte bei den Vermietern gegen eine solche Einrichtung." Aber nun habe man erst einmal Sicherheit. Ideal wäre es, wenn man die Arbeit nach Ablauf der Zwei-Jahres-Frist fortsetzen könnte. Denn wegen der Nähe zu den unterschiedlichen Zielgruppen sei der Standort mitten in der Stadt wichtig. Man müsse auch immer gut erreichbar sein, sagt Treml: "Bisher konnten wir ein solches Angebot nicht machen." Condrobs sucht für seine vielfältigen Angebote Personal, vor allem Sozialpädagogen. Für die Renovierung der Stollbergstraße1 hat die Organisation rund 65 000 Euro investiert: "Über Spenden, auch für die Ausstattung der Räume, würden wir uns freuen."

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SZ vom 13.05.2015
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