Süddeutsche Zeitung

Alling:Syrerin kämpft gegen Abschiebung

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Von Ariane Lindenbach, Alling

Der 29 Jahre alten Frau aus dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Syrien, die mit acht Familienmitgliedern im Allinger Ortsteil Biburg lebt, bleibt fürs Erste eine Rückführung, also eine behördlich angeordnete Ausreise, erspart. Die ledige Frau sollte am Mittwochmorgen in aller Früh von Mitarbeitern der Ausländerbehörde im Landratsamt und Polizeibeamten abgeholt werden, damit sie zurück nach Italien gebracht werden kann. Nach dem sogenannten Dublin-III-Abkommen werden Flüchtlinge in den ersten EU-Staat zurückgeführt, den sie bei ihrer Einreise in die Europäische Union betreten haben.

Für die Familie der 29-Jährigen war das - wie für viele andere Flüchtlinge auch - Italien. Da die 29-Jährige am Mittwochmorgen vor Aufregung in Ohnmacht fiel und ein Krankenwagen geholt werde musste, wurde die Aktion abgebrochen. Am Montag hat der Anwalt der Frau Einspruch gegen den Abschiebebescheid eingelegt; er wurde ihr nämlich nie zugestellt. Die Asylhelfer und andere der Familie nahestehende Allinger kritisieren vor allem, dass durch die Rückführung Einzelner die ganze Familie auseinandergerissen werde.

Vorerst keine weiteren Polizeiaktionen

Familie Isa wird von den drei Patinnen Dolores Beischl, Walburga Lacher und Johanna Trischberger betreut. Sie kamen auch vorigen Mittwochmorgen dazu, als die Polizei vor der Tür stand. Die Frauen nahmen Kontakt zum Sachbearbeiter in der Ausländerbehörde im Landratsamt auf und später zur Süddeutschen Zeitung. Mündlich habe ihnen der Sachbearbeiter zugesichert, dass es vorerst keine weiteren Polizeiaktionen geben werde. Der Mann sei sehr kooperativ gewesen, habe Akteneinsicht gewährt. Die Asylhelfer kritisieren aber auch, dass "im Landratsamt bekannt war, dass in der Unterkunft eine neunköpfige Familie wohnt, die man mit der geplanten Abschiebung auseinandergerissen hätte".

Eine SZ-Anfrage im Landratsamt zu weiteren geplanten Aktionen relativiert diese Auskunft allerdings ein wenig. Es sei nicht zugesichert worden, dass es keinen weiteren Rückführungsversuch geben werde, betont Pressesprecherin Ines Roellecke. Die Überstellungsfrist betrage generell in vergleichbaren Fällen sechs Monate.

Wenn Rechtsmittel eingelegt werden, informiert das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Ausländerbehörde und ordnet an, von Abschiebungsmaßnahmen vorerst abzusehen. Hat die Ausländerbehörde anderweitig, wie im Fall der Familie Isa über die Asylhelfer, Kenntnis von einer (kommenden) Einlegung des Rechtsmittels erlangt, wartet sie diese Anordnung ab. In diesem Sinne wurde zugesichert, dass die Ausländerbehörde vorerst keine weiteren aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ergreifen werde.

Die Frau hatte keine Möglichkeit des Widerspruchs

Dass es so weit kam, dass der 29-Jährigen ihr Abschiebebescheid nicht zugestellt wurde, aber nun die Rückführung erfolgen sollte, liegt vermutlich daran, dass die Familie auf ihrer Zugreise in der Gegend von Bayerisch Gmain von der Polizei aufgegriffen worden war. Nur für die 29-Jährige notierten die Beamten eine nahe gelegene Flüchtlingsunterkunft als Adresse. Dorthin wurde der Bescheid geschickt und als zugeschickt in den Akten notiert.

Es gab also keine Möglichkeit des Widerspruchs für die junge Frau. Das will der Rechtsanwalt der Familie mit dem am Montag herausgeschickten Einspruch ändern. Für die anderen Familienmitglieder gibt es den Helferinnen zufolge unterschiedliche Beschlüsse seitens des Bundesamtes für Migration, das die Asylanträge bearbeitet. Demnach klagen die Eltern der 29-Jährigen gegen ihren Abschiebebescheid nach dem Dublin-III-Abkommen, also der gleichen Rückführung nach Italien, wie sie mit ihrer Tochter vorige Woche geschehen sollte.

Eine andere, verheiratete Tochter wird mit Mann und Kind nicht nach Italien zurückgeschickt. Ihr Verfahren läuft in Deutschland weiter. Genau das verstehen die Helferinnen nicht. "Uns ist auch unverständlich, weshalb es nicht möglich sein sollte, die Anträge von Familien, die wie durch ein Wunder auf der Flucht nicht auseinandergerissen wurden, gemeinsam zu bearbeiten und zu entscheiden", kritisieren sie in einem Schreiben an die Süddeutsche Zeitung.

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Quelle:
SZ vom 29.04.2015
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