Süddeutsche Zeitung

Abschleppaktionen:Fahrradleichen

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Weil in der Ludwigs- und Isarvorstadt herrenlose Schrotträder überhand nehmen, soll es mehr Abschleppaktionen geben

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Sattellos, mit einem Achter in der Felge, verrostet - die Schrotträder scheinen sich an mehreren Ecken der Stadt inzwischen zu stapeln, zumal der Boom des Leihfahrradgeschäfts auch schon derlei Relikte hinterlässt. In der Ludwigs- und Isarvorstadt drohen einige Straßen an verkehrsuntüchtigen, herrenlosen Rädern zu "ersticken", das befürchten jedenfalls Anwohner und Stadtteilpolitiker. Im Viertel wird nun eine Sonderaktion gefordert. Allein mit den halbjährlich und jährlich angesetzten Räumungsterminen durch das Baureferat und das städtische Serviceunternehmen P+R Park & Ride GmbH könne man dem Radl-Verhau nicht mehr Herr werden.

Lokalpolitiker aus der Isarvorstadt plädieren für eine "Grundreinigung" durch den Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM). Das Kommunalreferat solle den kommunalen Entsorger beauftragen, sofort oder zumindest fristgerecht einzugreifen und - unabhängig von der turnusgemäßen Entsorgung durch Baureferat und P+R - Schrotträder und herrenlose Räder einzusammeln.

Derzeit geht man in der Ludwigs- und Isarvorstadt von herrenlosen Rädern "im mittleren vierstelligen Bereich" und mehreren hundert echten Schrotträdern aus, die im Stadtviertel die Gegend zustellen und Radfahrern die Parkplätze blockieren. Arne Brach (Grüne), auf dessen Initiative der interfraktionelle Antrag des Unterausschusses Öffentlicher Raum und Mobilität zurückgeht, sagt, eine Stichprobe im Glockenbach und rund um den Gärtnerplatz habe gezeigt, dass es Straßen gebe, in denen fast jedes Schild, beinahe jeder Baum vollgestellt sei. Die Schrotträder beschädigten das Stadtbild und das Bild von Radfahrern an sich. Sie müllten die Radparkplätze zu und blockierten diese für Fahrradfahrer, die ihr Bike wirklich nutzen. Die Grünen haben für die Stichprobe eine Route zwischen Sendlinger-Tor-Platz, Müller- und Fraunhoferstraße, Baader-, Klenze-, Auen- und Baldestraße und entlang der Pestalozzistraße begangen. Mehr als 200 herrenlose Räder und mindestens 20 echte Schrotträder seien dabei aufgefallen.

Auch in anderen Vierteln fühlen sich viele Menschen durch zunehmenden Radverhau gestört, die Stadt versucht vor allem an den Bahnhöfen dem Stellplatzchaos Herr zu werden. In den Vierteln muten die Versuche, den Verhau zu bändigen, manchmal ein wenig kurios an: Vor einigen Wochen sperrte sich die CSU in der Maxvorstadt gegen neue Fahrradparkplätze, weil sie befürchtet, dass dann noch mehr Schrottfahrräder abgestellt werden. Und in der Isarvorstadt will man durch das Verschönern des Holzplatzes nicht nur Hundebesitzer, sondern auch potenzielle Fahrradentsorger davon abzuhalten, die freie Fläche zu missbrauchen.

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Quelle:
SZ vom 28.02.2018
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