Süddeutsche Zeitung

100 Jahre Maxim Kino:Läuft und läuft und läuft

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Kein Mainstream, kein Popcorn - das Maxim-Kino in München feiert 100-jähriges Bestehen. Das einstige "Lichtspieltheater des Westens" versteht sich heute als Stadtteiltreff.

Christina Warta

Es ist kühl im Vorraum des "Maxims", deshalb dreht Siegfried Daiber erst einmal die Heizung an, bevor er sich setzt. Draußen rauschen die Autos im Regen vorbei, drinnen stapeln sich die eben gelieferten Bierkästen. Noch ist nichts los an diesem Nachmittag im Kino an der Landshuter Allee. Das Maxim-Kino feiert an diesem Samstag um 19 Uhr sein 100-jähriges Bestehen - mit dem Wim-Wenders-Film "Im Lauf der Zeit" und dem Kurzfilm "Und mehr bedarf es nicht" über Kinobetreiber Daiber.

Das Maxim wirkt wie aus der Zeit gefallen, es hat seinen eigenen Charme, gewissermaßen: Die Wände sind schon lange nicht mehr gestrichen worden, die Sitze im Kinosaal stammen aus den 50er Jahren - der Rio-Palast hatte sie vor vielen Jahren ausrangiert, Daiber hat sie seinerzeit übernommen. "Im Rio haben sie sich seither schon ein paar Mal neue Sessel angeschafft", sagt Daiber. Im Maxim sitzen die Zuschauer immer noch darauf.

1902 wurde das Gebäude an der Landshuter Allee fertiggestellt. In den ersten zehn Jahren residierte das "Kaufhaus Schottländer" in den Räumen des heutigen Maxims. Daiber hat die historischen Verzierungen an Wänden und Decke im Foyer teilweise freigelegt. 1912 zog das Kaufhaus zum Rotkreuzplatz, an der Landshuter Allee öffnete stattdessen das "Lichtspieltheater des Westens" seine Pforten. Im drittältesten Kinos Münchens sind seit seiner Eröffnung schon alle möglichen Arten von Filme gezeigt worden: Unterhaltungs- und Aufklärungsfilme, Dokumentarfilme und Kurzfilme. 1953 gab der damalige Besitzer Hans Halbig dem Kino seinen heutigen Namen: Maxim.

1978 schließlich stieg Siegfried Daiber ein. Gemeinsam mit drei Partnern wollte er das Kino im Quartett betreiben. Die anderen stiegen allerdings innerhalb von wenigen Jahren wieder aus, nur Siegfried Daiber blieb. "Ich war damals gerade nicht zufrieden mit meinem Beruf", sagt der Elektroingenieur mit dem Faible für politische Filme abseits des Mainstreams. "Ich habe die Gelegenheit wahrgenommen", sagt er, und dass er dank seiner Ausbildung auch noch seine Filmprojektoren selbst reparieren konnte, war nicht die schlechteste Voraussetzung für den neuen Beruf als Kinobesitzer.

Seit 34 Jahren betreibt der 73-Jährige das Maxim. Die Bedingungen, so sagt er, hätten sich in jüngster Zeit stark verändert. Filme seien mittlerweile auf vielen Kanälen verfügbar. Inhalte, die in den 80er Jahren verpönt gewesen seien, würden nun von vielen Kinos gezeigt. Der Markt für Programmkinos sei enger geworden, die Zahl der Zuschauer aber nicht unbedingt gewachsen. Man konkurriert nun um jene Klientel, die sich für Dokumentarfilme, ausgefallene Filmreihen oder Preziosen aus Asien interessiert. "Wenn ein Film auch in einem anderen Kino läuft, habe ich eben nur halb so viele Zuschauer", sagt Siegfried Daiber. Aufhören ist für ihn dennoch keine Option. "Das Kino", sagt er, "hält mich jung und gesund."

Eine Ursache für die geringe Zuschauerzahl ist laut Daiber aber auch die Lage abseits des Zentrums, da können auch moderate Eintrittspreise nichts ändern. "Die Münchner gehen am liebsten in der Innenstadt ins Kino", sagt er. Andere wollen Popcorn essen, Daiber aber bietet nur Schokolade an. "Aber manche sind auch froh, wenn es während der Vorstellung kein Geraschel gibt", sagt er. Nach einer Renovierung will Daiber das Kinokonzept etwas verändern. "Ich denke, wenn Kinos wie das Maxim überleben wollen, müssen sie zu einer Art Stadtteiltreff werden", sagt er.

"Jedenfalls braucht München nicht noch ein modernisiertes Kino." Erst einmal aber wird am Samstag gefeiert. Siegfried Daiber erwartet seine Stammgäste. Und vielleicht sind am Ende sogar alle 94 Plätze mal wieder besetzt.

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Quelle:
SZ vom 24.11.2012
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