Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Unfallflucht

Ein Straftatbestand, mit dem sich deutsche Gerichte 36 000 Mal befassen mussten im vorvergangenen Jahr.

Von Ronen Steinke

Dieser Straftatbestand beschäftigte die Gerichte im vorvergangenen Jahr mehr als 36 000 Mal, er kostete Menschen Punkte in Flensburg und manchmal sogar den Führerschein. "Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung (...) ermöglicht hat oder eine (...) angemessene Zeit gewartet hat (...), wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft", so steht es im Paragrafen 142 des Strafgesetzbuchs. Die Rechtsprechung interpretiert dieses Gebot streng: Die Wartepflicht trifft auch Autofahrer, die lediglich unbeabsichtigt ein parkendes Fahrzeug geschrammt haben. "Unfallflucht" wird - für viele Autofahrer überraschend - von den Gerichten sogar so strikt ausgelegt, dass es nicht genügt, wenn sie beim geschädigten Fahrzeug einfach einen Zettel mit ihrer Handynummer hinter die Windschutzscheibe klemmen. Dieser könnte ja wegfliegen. Außerdem sind hier auch Beifahrer wegen einer möglichen Haftung in der Pflicht - sofern die Möglichkeit im Raum steht, dass sie den Fahrer abgelenkt haben. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs von 1961 bestehe ein solcher Verdacht bei "mitfahrenden Ehegatten" praktisch immer.

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