Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Strafunmündigkeit

Eine Frage des Alters, aber nicht nur.

Von Ronen Steinke

Nach Paragraf 1 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) kann sich niemand vor seinem 14. Geburtstag strafbar machen. Aber wichtig ist: Auch nach dem 14. Geburtstag beginnt die Strafmündigkeit, also die Möglichkeit, für eigenes Handeln strafrechtlich belangt zu werden, noch nicht automatisch. Sondern immer noch muss der Einzelfall betrachtet werden, immer noch muss ein Jugendgericht prüfen, wie weit dieser oder diese Minderjährige psychologisch entwickelt war. "Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln", so steht es im Paragrafen 3 des JGG. Deshalb stellen Gerichte - je nach Entwicklungsstand - auch bei 15- oder 16-Jährigen hin und wieder Strafunmündigkeit fest. Und deshalb sagen nun manche Kritiker des geltenden Rechts: Wenn es ohnehin stets um den Einzelfall geht, warum sollte man den Richtern dann überhaupt so eine pauschale Altersuntergrenze vorgeben? In anderen Staaten, wie Frankreich, immerhin beginnt die Einzelfallprüfung auch schon mit zwölf Jahren. Nach der tödlichen Messerattacke auf ein Mädchen in Freudenberg, begangen durch zwei weitere Mädchen, zwölf und 13 Jahre alt, kommt diese Diskussion nun wieder auf.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5769221
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.