Süddeutsche Zeitung

Skifahren:Misstrauen ist besser

Es ist verständlich, wenn deutsche Politiker vor einer Eröffnung der Skisaison in Österreich warnen. Denn die Pistengaudi könnte direkt in den nächsten Lockdown führen.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Österreich hat es sich selbst zuzuschreiben, dass es auch in Deutschland eine Debatte darüber gibt, ob Skigebiete bis Mitte Januar geschlossen bleiben müssen. Es gibt einen Ischgl-Reflex, denn dieser Ort steht für das erste Superspeader-Event der Pandemie, als sich das Virus von Tirol aus in Europa verbreitete. Ischgl steht für den Unwillen, die Ausbreitung von Corona einzudämmen. Ischgl ist auch ein Synonym dafür, dass ökonomische Interessen allem anderen übergeordnet werden. Dazu kommt mangelnde Selbstkritik und das Versagen bei der Aufklärung. Das Misstrauen ist deshalb berechtigt.

Dass sich nun die deutsche Kanzlerin Angela Merkel den Forderungen anschließt, europaweit Skigebiete zu schließen, verwundert nicht. Denn aus Sicht des Gesundheitsschutzes müssen potenzielle Hotspots vermieden werden. Aber nicht alles, was unter dem Gesichtspunkt der Eindämmung des Virus vernünftig erscheint, ist machbar. Eine europaweite Regelung zu finden, wird wegen der unterschiedlichen Interessenslagen schwierig: Was für Deutschland die Autoindustrie ist, das ist für Österreich der Tourismus.

Es ist aber dreist, wenn sich die Regierung in Wien weigert, über eine EU-weite Lösung zu verhandeln - und gleichzeitig Entschädigungszahlungen aus Brüssel fordert. Wenn die Pistengaudi in den nächsten Lockdown führt, kommt das alle teuer zu stehen.

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