Süddeutsche Zeitung

Österreich:Hysterischer Gesetzgeber

Der Kampf gegen den "Islamismus" hat eine ideologische Schlagseite.

Von Cathrin Kahlweit

Österreich ist am 2. November von einem schweren Terroranschlag getroffen worden. Seither gilt die Aufmerksamkeit dem, was die rechtskonservative ÖVP als "politischen Islam" bezeichnet, was immer das genau ist. Der Kampf gegen den "Islamismus" soll verschärft werden. Der Ministerrat in Wien hat jetzt ein Paket beschlossen, das der grüne Koalitionspartner mitträgt - es lasse, heißt es, die Grundrechte nicht außer Acht. Das ist aber auch fast das Einzige, was sich an Gutem über das Vorhaben sagen lässt.

Erst vergangene Woche hatte das Verfassungsgericht das Verbot gekippt, an Volksschulen Kopftücher zu tragen; das Gesetz greife eine Religion selektiv heraus. Das tut letztlich auch das neue Gesetz gegen "religiös motivierte extremistische Verbindungen", das, wie den Erläuterungen zu entnehmen ist, wieder vor allem auf den "politischen Islam" abzielt. Imame sollen auf Listen geführt werden, Moscheen leichter geschlossen werden können.

Die Regierung ist vorsichtiger geworden, was die Verfassungsmäßigkeit ihrer Pläne angeht. Aber diese haben eine ideologische Schlagseite. Dass gerade ein riesiges Waffenlager von Rechtsextremisten ausgehoben wurde, dass es enge Kooperationen mit deutschen Neonazis gibt, dass der Verfassungsschutz professionalisiert gehört, scheint weniger dringlich zu sein. Die Regierung sagt, sie wolle die Scharia im Land verhindern. Terrorbekämpfung ist lebenswichtig, aber sie darf nicht hysterisch werden.

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