Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Meuterei

Eine strafbare Form der kollektiven Befehlsverweigerung, die in der Geschichte von Staaten schon tiefgreifende Folgen hatte.

Von Meredith Haaf

Eine Meuterei im strengen Sinne kann nur dort stattfinden, wo es eine Befehlsstruktur gibt und eine klare Hierarchie. Paragraf 27 des deutschen Wehrstrafrechts sieht eine Höchststrafe von fünf Jahren vor, wenn sich Soldaten "zusammenrotten und eine Gehorsamsverweigerung, eine Bedrohung, eine Nötigung oder einen tätlichen Angriff begehen". Im Strafvollzugsrecht gibt es den Straftatbestand der Gefangenenmeuterei, und auch in der zivilen Seefahrt ist kollektive Gehorsamsverweigerung strafbar. Das Meutern hat in der Geschichte von Staaten oft einen äußerst disruptiven Effekt gehabt: Meuternde Matrosen in Kiel lösten die deutsche Revolution von 1918/19 aus, eine Meuterei auf dem Schlachtschiff Potemkin gilt als Geburtsstunde der russischen Revolution; die Meuterei indischer Hilfstruppen 1857 legte einen Grundstein für das Ende britischer Kolonialherrschaft auf dem Subkontinent. Die Meuterei der Privatarmee Wagner ist also ein Sonderfall, weil sie von den Befehlshabern der Truppen angeführt wurde, die sich offensichtlich große Freiheiten gegenüber ihrem Auftraggeber im Kreml erlauben können; auch wenn sie in eine klare Befehlskette eingegliedert sind. Welche Folgen das haben wird, bleibt noch zu sehen, klar ist nur, dass sie wohl eher nicht gut sein werden.

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