Süddeutsche Zeitung

Parlamentswahl in Hongkong:Demokratie nach Pekinger Art

Die Abstimmung am Sonntag in Hongkong hat gezeigt: Eine Wahl haben die Menschen nicht mehr.

Von Lea Sahay

Vor einigen Wochen hat die chinesische Regierung in einem Weißbuch ihre Vorstellung von Demokratie vorgelegt. Das Regime ist ein Meister darin, Begriffe zu kapern und in seinem Interesse umzudeuten. Was es wirklich unter Teilhabe versteht, hat Peking jedoch am Sonntag in Hongkong klargemacht. Eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Sicherheitsgesetzes war die Parlamentswahl nicht mehr als eine Simulation von Demokratie.

2019 gelang dem demokratischen Lager noch ein Erdrutschsieg bei den Distriktwahlen. Die große Unterstützung war Grund für die Wahlreform, die Peking im Frühjahr verabschiedete. Freie Wahlen gab es in der früheren Kronkolonie zwar nie. Seitdem ist jedoch kritische Beteiligung unmöglich geworden. Kandidieren dürfen nur noch "Patrioten" und als loyal gilt, wer Peking widerspruchslos dient. Vor den Augen der Welt hat es die Opposition der einst freien Stadt ausgeschaltet.

Die Staatengemeinschaft hat Pekings Lügen gerne geglaubt und das Ende der Freiheit zugelassen. Die Hongkonger haben hingegen immer gewusst, wer sie regiert. Das ist der Grund, warum viele am Sonntag nicht zur Wahl gegangen sind. Auch wenn die Regierung vor einem Boykott warnte, haben sie verstanden, was der Rest der Welt noch kapieren muss: Eine Wahl haben die Menschen in Hongkong nicht mehr.

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