Süddeutsche Zeitung

Geschichtsbild:Die innere Uhr und die äußere

Von Johanna Pfund

So dargestellt hat die Sommerzeit doch nur Gutes. Dem Soldaten, der seine Taschenuhr mit der Zeit auf einem großen Ziffernblatt abgleicht, winken laut Kalenderblatt Heil und Sieg, die Bäuerin mäht ihr Getreide in den Abendstunden und wird daher Zeit direkt zu Geld machen. Das Deutsche Reich pries die Einführung der Sommerzeit 1916 auf solchen Postkarten. Von der Zeitverschiebung erhoffte sich das Reich Vorteile im Ersten Weltkrieg: Nach fast zwei Jahren erbitterter Kämpfe in Frankreich mangelte es vor allem an Energie. Bliebe es länger hell, würde man kostbare Elektrizität für die Rüstungsproduktion sparen. Weit gefehlt, der Krieg endete mit einer Niederlage, und die Weimarer Republik stellte die Uhren zurück auf Normalzeit. Auch die Zeitumstellung während des Zweiten Weltkriegs und die 1980 erneut eingeführte Sommerzeit sollten offiziell der Energieeinsparung dienen, brachten aber letztlich meist nur schöne Abendstunden im Biergarten. Die EU kann sich aber bislang nicht auf eine Neuregelung einigen, und so wird auch an diesem Ostersonntag der Biorhythmus von Mensch und Tier wieder ordentlich durcheinandergewirbelt werden - daran hat auch ein Nobelpreis für das Erforschen der inneren Uhr und deren Bedeutung für jedes Lebewesen nichts geändert.

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