Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Eid

Als feierliche Bekräftigung einer Aussage seit Langem bekannt - und für Kardinal Woelki nun besonders relevant.

Von Ronen Steinke

In Deutschland legt niemand eine Hand auf eine Bibel, wenn er oder sie vor Gericht in den Zeugenstand tritt, um eine Aussage zu machen. Diesen Brauch aus den USA gibt es hierzulande nicht, aber: Das Gericht zu belügen, ist sowieso strafbar. Auch ohne Eid. Ganz selten kommt es aber vor, dass Richter dennoch einen Schwur hören wollen. So war es, als der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki im März vor dem Landgericht Köln aussagte. Das ist dann immer ein besonderes Warnsignal. Denn wer trotz Eids lügt, wird härter bestraft. Ein Meineid - das Wörtchen "mein" bedeutet in diesem Fall "betrügerisch" - ist ein falscher Schwur. Die Mindeststrafe beträgt ein Jahr. Die Eidesformel steht in der Strafprozessordnung: "Sie schwören, dass Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben", sagt der Richter, und der Zeuge antwortet: "Ich schwöre es." Ein Eid als feierliche Bekräftigung einer Aussage, wie ihn der Brockhaus definiert, ist als Brauch schon seit frühgeschichtlicher Zeit bekannt, oft wird dabei auch eine Hand erhoben, so zum Beispiel beim Amtseid von Regierungsmitgliedern. Vor Gericht aber nicht. Auch ob Kardinal Woelki dort die Worte "So wahr mir Gott helfe" hinzufügte, war ihm, wie jedem Zeugen, freigestellt. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt nun, weil er womöglich dennoch gelogen hat.

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