Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Vermittlungsausschuss

Ein parlamentarisches Instrument zur Bändigung des Eigensinns der Parteien - und ein erfolgreiches.

Von Joachim Käppner

Zu den klassischen antidemokratischen Floskeln, ob am Stammtisch oder auf Social Media, gehört "Parteiengezänk": Die Parteien hätten nur den Eigennutz im Sinn statt das große Ganze, was immer Letzteres auch sein mag. In Wahrheit kennt das parlamentarische System der Bundesrepublik Mechanismen, um zum Beispiel Blockaden wichtiger Gesetzesvorhaben zu verhindern. Weil der Bundesrat als Vertretung der Länder das von der Bundestagsmehrheit beschlossene Bürgergeld ablehnte, hat nun der Vermittlungsausschuss das Wort. Die Union stoppte also in der Länderkammer ein zentrales Projekt der regierenden Ampelparteien. Genau dafür, in solchen Fällen einen Konsens zu schaffen, ist das Gremium nach Artikel 77 des Grundgesetzes da. Einschalten können es Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat. Es setzt sich zusammen aus 16 Mitgliedern des Bundesrates und 16 des Bundestages, die entsprechend den Fraktionsstärken vertreten sind. Findet der Vermittlungsausschuss also einen gemeinsamen Nenner, muss darüber erneut der Bundestag entscheiden. Der Ausschuss ist eine Konsequenz aus der gescheiterten Weimarer Republik, die kein gleichwertiges vergleichbares Instrument der Kompromissfindung kannte. Er gilt als weit effektiver als vergleichbare Einrichtungen anderer Staaten, etwa im US-Kongress.

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