Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Haar- und Barterlass

In Oberammergau dürfen bis zu den Festspielen keine Haare geschnitten werden. Bei Bärten allerdings wird in diesem Jahr von der Tradition abgewichen.

Von Christiane Lutz

Friseure in Oberammergau sind bemitleidenswert. Denn pünktlich zur Ankündigung, dass Menschen demnächst wieder zum Friseur gehen dürfen, dürfen viele Oberammergauer nicht mehr zum Friseur gehen. Am Aschermittwoch nämlich wird in dem Dorf der sogenannte Haar- und Barterlass verkündet. Von dem Tag an ist es Spielerinnen und Spielern untersagt, die Haare zu schneiden, die Männer sollen sich nicht mehr rasieren. Alles, damit sie für die weltberühmten Passionsspiele 2022 eine biblische Haarpracht auf die Bühne tragen können. Die Spiele gehen auf ein fast 400 Jahre altes Gelübde zurück, das Dorf versprach sie dem lieben Gott, sollte er sie von der grassierenden Pest erlösen. Die Passion hätte 2020 wieder stattfinden sollen - dann kam die neue Seuche. Der Haar- und Barterlass hat dabei den praktischen Grund, dass es bei Hunderten Spielern zu aufwendig wäre, jedem Einzelnen einen künstlichen Bart oder eine Perücke zu kleben. Das halbe Dorf ist bei der Passion dabei, das sind etwa 2500 Menschen. Die Haare sind zudem ein äußeres Erkennungsmerkmal unter den Spielenden, ein Zeichen, dass sie gemeinsam an etwas Großem arbeiten. Ganz so streng nimmt es Spielleiter Christian Stückl heuer aber nicht mit dem Rasierverbot, schließlich gelten Rauschebärte als nicht FFP2-Masken-konform. Wer will, darf sich ausnahmsweise erst mal weiter rasieren.

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