Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Gartenmarkt

Über Blumenerde und neue, soziale Fragen.

Von Friederike Zoe Grasshoff

Der Weg ins Paradies, er führt übers Gartencenter. Für manche war das schon vor der Seuche so, viele haben es erst mit Beginn der Seuche begriffen. Denn was kauft man, wenn man das Glück hat, noch etwas kaufen zu können? Gold, Seife, Nudeln sind die Insignien des Jahres 2020, zudem Rudergeräte, Kochinseln, Tischtennisschläger - und Erde, viel Blumenerde. Als man im vergangenen Frühjahr allmählich zu begreifen begann, was das eigentlich ist, so ein Lockdown mit abgesperrten Kinderspielplätzen, schien parallel dazu die Sonne, freundlich, zynisch. Was zur Folge hatte, dass sich vor den fast 3000 Filialen der führenden Gartenmärkte in Deutschland, die mancherorts noch oder wieder geöffnet hatten, da gartenrelevant, Schlangen bildeten. Den Beschränkungen im Äußeren wurde Miniatur-Freiheit im Privaten entgegengesetzt, dem Weltchaos innere Ordnung. Das ging so weit, dass die Verfügbarkeit von Balkon oder Grünfläche behandelt wurde wie zuvor die soziale Frage des Wohnens. In diesem Sinne liest es sich fast ironisch, dass Garten sich etymologisch von Gerte ableitet, jenen Stöcken also, mit denen man seinen Grund, seinen Garten markierte. Gartenmärkte gibt es seit den Sechzigerjahren. Wie die Friseursalons sollen sie in Bayern kommende Woche wieder öffnen, kündigte Ministerpräsident Söder an.

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