Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Bratwurstbude

Deniz Yücel vergleicht das deutsche PEN-Zentrum mit einem Würschtelstand. Ein Angriff aufs Kulturgut?

Von Cornelius Pollmer

Das Statistische Bundesamt registrierte zuletzt 34 119 umsatzsteuerpflichtige Imbissbuden und -hallen, das deutsche PEN-Zentrum nicht mitgezählt. Zwar erklärte der Journalist Deniz Yücel bei seinem Rücktritt als Chef des deutschen Ablegers der Schriftstellervereinigung, er wolle nicht weiter "Präsident dieser Bratwurstbude" sein. Zu genießen war die Wurst hier allerdings nur als dampfendes Sprachbild beißenden Spotts. Echte Bratwürste machen hierzulande mit 2,7 Kilogramm pro Kopf und Jahr stabil etwa zehn Prozent des Konsums an Fleisch- und Wurstwaren aus, trotz einer Teuerung von 33 Prozent seit 2015. Echte Bratwürste sind überdies unter anderem im thüringischen Gotha, wo der PEN tagte, nicht nur Nahrungsmittel, sondern Kulturgut. Der Gothaer SPD-Politiker Matthias Hey ließ sich einmal einen Vergleich munden, als er die politische Bedeutung seines Bundeslandes aus Sicht der Berliner Parteizentralen qualifizierte. Thüringen sei, von dort betrachtet, "ein Furz, der nach Bratwurst riecht", sagte Hey. Auch weltweit ist Deutschland für seine Bratwürste bekannt, zumindest bekannter als für sein PEN-Zentrum. In der Görlitzer Innenstadt bestellte der Schauspieler Bill Murray mal eine "Bratwürst" - seinen Beilagenwunsch "with Gürken" konnte ihm die Verkäuferin zum Glück noch ausreden, selbst Murray erhielt dann keine solche "Extrawürst".

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