Süddeutsche Zeitung

US-Medien:"Sie verlangen nach mehr"

Lesezeit: 2 min

Mit seiner Art von Journalismus ist der konservative Kabelsender Fox News 2017 äußerst erfolgreich gewesen. Jetzt startet der Sender im Netz Fox Nation, einen kostenpflichtigen, extrem meinungsstarken Streamingdienst "für Superfans", wie es heißt.

Von Jürgen Schmieder

Man muss sich Tomi Lahren vorstellen wie eine dieser Puppen, die auf Knopfdruck einen von fünf zuvor gespeicherten Sätzen aufsagen. Im aktuellen politischen und gesellschaftlichen Klima der Vereinigten Staaten genügt die Wiederholung immer gleicher Angriffe auf die Gegenseite für eine ordentliche Karriere - und es gibt kaum eine kostengünstigere TV-Produktion als eine Person vor der Kamera, der unrecherchierte und unreflektierte Dinge aus dem Mund plumpsen. Je polarisierender, desto erfolgreicher: Lieber ein aufgebrachter Zuschauer als kein Zuschauer.

Lahren, 25, bezeichnet sich selbst nicht als Journalistin, sondern als konservative Kommentatorin, sie dürfte eine der prägenden Figuren bei Fox Nation werden. So heißt die Internet-Meinungsplattform des konservativen Nachrichtensenders Fox News, aus der bis zum Ende des Jahres ein kostenpflichtiger 24-Stunden-Streamingservice entstehen soll. "Es soll den Superfan ansprechen, der sich mit unserer Marke identifiziert", sagt Fox-News-Produktchef John Finley in einer Mitteilung des Senders: "Diese Leute sind extrem loyal, sie schauen jeden Abend mehrere Stunden lang unsere Sendungen. Sie verlangen nach mehr, und dieser Nachfrage wollen wir gerecht werden."

Für "Fox Nation" muss der Sender neue Formate erfinden

Einer dieser Superfans ist US-Präsident Donald Trump, der bei seinen Twitter-Botschaften an die Welt regelmäßig auf Fox-News-Sendungen wie Fox & Friends oder Hannity verweist. Aufgrund bestehender Verträge mit Kabelbetreibern dürfen diese Formate nicht auf der neuen Plattform angeboten werden, es heißt jedoch, dass prägende Fox-News-Gesichter wie Sean Hannity, Martha MacCallum oder Tucker Carlson als Gäste in den noch zu kreierenden Sendungen auftreten oder Fragen der Abonnenten live beantworten sollen.

Die Streamingversuche traditioneller TV-Sender wie CBS (fünf Millionen Abonnenten) waren bislang nur mäßig erfolgreich, doch Fox News ist kein traditioneller TV-Sender. Durch die klare politische Positionierung erreichte das Unternehmen im vergangenen Jahr Rekordeinschaltquoten und vermeldete einen Gewinn von mehr als einer Milliarde Dollar. Der Erfolg ist nicht unbemerkt geblieben, es heißt, dass sowohl der Lokalfernsehkonzern Sinclair Broadcast Group als auch der Tech-Milliardär Peter Thiel konservative Plattformen planen.

Das Unternehmen hat sich bislang nicht dazu geäußert, wie viel es in die neue Plattform investieren möchte und wie hoch der Preis für ein Abo sein wird. "Wir haben wahrscheinlich die treuesten Fans", sagt Finley, was freilich mehr nach Sportverein klingt denn nach journalistischem Angebot. Fox News präsentiert sich gerne als Bastion der Wahrheit gegen all die Konkurrenten, die es wagen, die Arbeit von Präsident Trump kritisch zu hinterfragen. Das Streamingportal, das noch meinungsstärker sein soll als das TV-Angebot, verdeutlicht allerdings, dass das Unternehmen nur fortführt, was die künftige Protagonistin Tomi Lahren längst erkannt hat: Wer die immer gleiche Meinung nur laut genug hinausbrüllt und oft genug wiederholt, der kann in der amerikanischen Unterhaltungsbranche - und dazu gehört auch ein Sender wie Fox News - ziemlich erfolgreich sein.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3877230
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.02.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.