Süddeutsche Zeitung

TV-Nutzung:Bitte recht kompliziert!

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Sky kritisiert, wie die Einschaltquoten gemessen werden. Die nichtlineare Nutzung werde "unzureichend berücksichtigt", sagt der Vermarktungschef des Pay-TV-Senders. Das führe zu falsch ausgewiesenen Reichweiten.

Von Viola Schenz

Einschaltquoten zu ermitteln ist eine komplexe Sache. In Deutschland wird sie von der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) in Frankfurt betrieben, einem Zusammenschluss der großen Fernsehanbieter hierzulande. Die AGF fragt nach dem Zufallsprinzip Haushalte deutschlandweit an, ob sie ihre TV-Nutzung messen lassen. Die Teilnahme ist freiwillig. 5000 repräsentative Haushalte kommen so zusammen es, in denen knapp 10 500 Personen leben. Was sie wann und wie lange schauen, wird mit sehr kompliziert klingender Technik gemessen, die die AGF auf ihrer Website mit einer Menge Fachchinesisch und Anglizismen darlegt. Geht es nach dem Pay-TV-Anbieter Sky Deutschland, müsste die Fernsehforschung allerdings noch sehr viel komplexer und komplizierter sein. Das Messverfahren der AGF entspreche nicht mehr den Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts und führe zu falschen Ergebnissen. "Die nicht-lineare TV-Nutzung, also online abgerufenes Programm, das Schauen über Tablet oder Smartphone, wird unzureichend berücksichtigt", kritisiert Sky-Vermarktungschef Martin Michel. So hätten die von der AGF ausgewiesenen Reichweiten für Sky 2016 durchschnittlich um 16 Prozent unter den tatsächlichen Werten gelegen. So was kann gravierende Folgen haben: Die Reichweite ist entscheidend dafür, wie teuer ein Sender seine Werbeplätze verkauft.

Für die Nutzung von Pay-TV bricht die AGF ihre Messung auf 500 Haushalte herunter, sie entsprechen den zehn Prozent (der insgesamt 5000 Panel-Haushalte), die Umfragen zufolge Pay-TV nutzen. Doch dieses Panel sei viel zu klein, es passe nicht mehr in eine Zeit, in der das TV-Angebot stark in Spartenkanäle fragmentiert ist, sagt Michel.

Bei der AGF war bis Redaktionsschluss niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Nach SZ-Informationen haben die Frankfurter Fernsehforscher jedoch ihre Kunden über die Abweichungen und die zu niedrigen Messwerte informiert.

Sky misst seit Kurzem seine Reichweiten nach einer eigens entwickelten Methode und anhand eines größeren Panels, nämlich über 15 000 statt 500 Pay-TV-Haushalte. Diese neue Methode wird demnächst laut AGF mit den bisherigen vereinheitlicht, TV- und Streamingdaten in einem System integriert. Für die AGF ändert sich jetzt eh einiges, sie gibt sich eine neue Struktur und nennt sich Arbeitsgemeinschaft Videoforschung GmbH. Es wäre der Eintritt ins Multimediazeitalter, der Wechsel von der bloßen Einschalt- zur Bewegtbildquote. Einfacher wird die Sache damit aber sicherlich nicht.

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Quelle:
SZ vom 13.01.2017
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