Süddeutsche Zeitung

Tatort aus Franfurt:Der Keks zum Buch

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Im Frankfurter "Tatort" stirbt eine Jungautorin. Die Ermittler Janneke und Brix suchen in ihrem Buch nach Antworten.

Von Claudia Tieschky

Wahrscheinlich soll das der Frankfurter Tatort zur Buchmesse sein, denn eine Jungautorin hat einen krassen Roman geschrieben und nach der Buchvorstellung ist sie tot.

Sieht wie Suizid aus, ist es aber nicht. Überhaupt beherrscht dieses Prinzip - sieht aus wie, ist es aber nicht - die ganze Folge "Luna frisst oder stirbt". Das macht es von einem gewissen Punkt an dann nicht wahnsinnig spannend, sondern zu einem Fall mit Zugluft vom vielen Vorbeirauschen. Ständig kommen neue Wendungen (Entführung, Erpressung, Fehlgeburt) und Personen (Verleger, Gärtner) dazu, die kurz eine mutmaßlich wichtige Rolle spielen und kurze Zeit später aus dem Blick geraten. Und dann, ja, dann sitzen die beiden Kommissare Janneke (Margarita Broich) und Brix (Wolfram Koch) wieder am Schreibtisch, wo sie die Nasen ins Buch der Jungautorin stecken und dort nach Hinweisen zur Tataufklärung suchen. Und gleich wieder auf eine neue tolle Idee kommen, wie es gewesen sein könnte, was dann zu sehr vielen Rückblenden führt. Krimimäßig ist das so mittel. Als Plädoyer fürs Lesen während der Arbeit ganz, ganz großartig!

Was hier eigentlich erzählt wird, ist eine klassische Tatort-Milieustory

In "Luna frisst oder stirbt" (Buch Johanna Thalmann und Katharina Bischof, die auch Regie führte) bleiben Figuren oft so flach, dass sie als Einmerker zwischen Buchseiten passen könnten. Um die vielen, eigentlich interessant angelegten Personen auszuerzählen, hätte die Geschichte vermutlich als Serie verfilmt werden müssen, vielleicht wäre das sehr spannend geworden. Auch als die Buchmarkt-Satire, die stellenweise anklingt, ist der Film nicht konsequent genug. Trotzdem entwickelt das Ganze eine gewisse emotionale Wucht. Das liegt vor allem an den jungen Schauspielerinnen Jana McKinnon und Lena Urzendowsky, die schon in den Hauptrollen der Amazon-Serie Wir Kinder vom Bahnhof Zoo vor der Kamera standen.

McKinnon ist in diesem Tatort Luise, die sozial engagierte Jungautorin aus dem Akademikerhaushalt, die in ihrem Roman von Chancenlosigkeit und eiskalten Wohnungen schreibt. Urzendowsky spielt Nellie, die das selber erlebt, wovon Luise in ihrem Roman "Luna frisst oder stirbt" schreibt. Was hier in mehreren Spiegelbrechungen eigentlich erzählt wird, ist eine klassische Tatort-Milieustory.

Sehr schön ist, wie Frau Janneke in Brix' Auto den Roman aufschlägt, den vom Verlag beigelegten krümeligen Keks frisst und sofort den Schluss liest - keiner stirbt.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr

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