Süddeutsche Zeitung

Streit um Schmähgedicht:Erdoğan legt Beschwerde gegen Einstellung von Böhmermann-Verfahren ein

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan akzeptiert die Einstellung der Ermittlungen gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann nicht. Erdoğans Anwalt habe Beschwerde eingelegt, erklärte die Staatsanwaltschaft in Mainz am Montag. Die entsprechenden Akten werden nun der Generalstaatsanwaltschaft in Koblenz zugeleitet, die über die Beschwerde zu entscheiden hat.

Der TV-Satiriker und Grimme-Preisträger Böhmermann hatte im März in seiner Sendung Neo Magazin Royale ein Gedicht mit dem Titel "Schmähkritik" auf den türkischen Staatspräsidenten vorgetragen. Darin brachte er Erdoğan mit Kinderpornografie und Sex mit Tieren in Verbindung. Die Ermittlungen wegen Beleidigung und Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts nach Paragraf 185 und 103 waren am vergangenen Dienstag eingestellt worden. Die Mainzer Ermittler kamen letztlich zu dem Schluss, dass Böhmermanns Charakterisierungen nicht strafrechtlich relevant seien.

Der Satiriker hatte die Entscheidung in einem - ironisch intonierten - Video begrüßt. Er freue sich, so der Moderator, dass die Staatsanwaltschaft befunden habe, dass Böhmermann "ein unseriöser Quatschvogel" sei, "der beruflich Blödsinn macht". Sein juristisches Proseminar zum Thema "Was ist eigentlich Schmähkritik?" sei kein Versehen gewesen, kein Zufall und auch kein Ausrutscher, sondern genauso mehrere Tage zuvor geplant und vorbereitet worden. Am Ende des siebenminütigen Clips verlässt Böhmermann zu den Klängen von Marius Müller-Westernhagens "Freiheit" das Studio.

Im November geht die juristische Auseinandersetzung in die nächste Runde

Nun ist die strafrechtliche Bewertung des Vorfalls erneut in der Schwebe - und daneben läuft ein zivilrechtliches Verfahren gegen Böhmermann. Mit einer entsprechenden Klage will Erdoğan verhindern, dass das Schmähgedicht weiter verbreitet wird.

Im Mai hatte das Hamburger Landgericht bereits eine einstweilige Verfügung gegen Böhmermann erlassen, derzufolge der ZDF-Moderator bestimmte Teile des Gedichts nicht verbreiten darf. Böhmermann wollte diese nicht akzeptieren, weshalb Erdoğans Anwalt Michael-Hubertus Sprenger das Gedicht nun komplett verbieten lassen will. Am 2. November kommt es zu einer mündlichen Verhandlung in Hamburg.

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