Süddeutsche Zeitung

Serien des Monats Juli:Die Frage nach Walter White

Lesezeit: 3 min

Matthias Brandt in "King of Stonks", Psychospielchen im Knast und die finale Staffel von "Better Call Saul": die Serien des Monats.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

King of Stonks

Was passiert: Erzählt werden Aufstieg und Fall des deutschen Finanzdienstleisters Cablecash AG, erzählt wird also Wirecard, aber mit lustigem Personal. Angeführt wird der implosionsgefährdete Laden von dem delusionalen Superkotzbrocken Magnus A. Cramer (toll: Matthias Brandt) sowie von Felix Armand (auch toll: Thomas Schubert), der sozusagen ständig mit Schaufel und Besen hinter Cramer herrennt und schnell merkt - eigentlich bräuchte ich ein riesiges Kehrfahrzeug.

Heimlicher Star: Der "Thai-Klaus", ein barfüßiger Wahnsinniger, dem wirklich alles zuzutrauen ist, er ist ein extrem windiger Schattenmann und wird folgerichtig bald zum "Head of International Strategy" der Cablecash AG ernannt.

Nicht geeignet für: Alle, die bei absichtlich überzeichneten Vollgas-Erzählungen wie dieser lieber Logikfehler suchen als die Wahrhaftigkeit. Cornelius Pollmer

Sechs Folgen, auf Netflix.

In with the Devil

Was passiert: Zwei ganz gegensätzliche Kriminelle treffen im Gefängnis von Springfield aufeinander. Dem smarten Jimmy Keene (Taron Egerton), wegen Drogen- und Waffenbesitzes für Jahre festgesetzt, wird die Freiheit in Aussicht gestellt, wenn er dem behäbigen, undurchdringlichen Mädchenmörder Larry Hall (Paul Walter Hauser) Angaben zu dessen Opfern entlocken kann. Eine Frage des Timings, man darf den Psychopathen nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam angehen.

Heimlicher Star: Ray Liotta, der oft im Kino die rebellische Jugend verkörperte, ist hier als Jimmys Vater weißhaarig und -bärtig. Eine seiner letzten Rollen.

Nicht geeignet für: Zuschauer, die ohne Action und Tempo unruhig werden. Denn diese Geschichte lässt uns mit Schweigen, Verzögerung und Verweigerung die eigene Vergänglichkeit spüren. Fritz Göttler

Sechs Folgen, auf Apple+.

Damaged Goods

Was passiert: Fünf Millennials suchen nach dem Sinn des Lebens. Dass sie einander einst in der Selbsthilfegruppe in der Schule kennengelernt haben, weist schon auf diverse Unausgeglichenheiten in den jeweiligen Charakteren hin, die die Serie genüsslich ausbreitet. Es gibt den gut gelaunten Frauenaufreißer, den sensiblen Schwulen, die verkannte Künstlerin, die steife Finanz-Frau und Nola, gespielt von Sophie Passmann, die dann - und das ist der dramaturgische Aufhänger der Serie- einen Podcast über all die großen und kleinen Miseren macht.

Heimlicher Star: die kiffende Großmutter von Künstlerin Tia, gespielt von Michaela May. Denn die ist wesentlich cooler als der ganze Rest der dauerbelasteten Gang.

Nicht geeignet für: Menschen, die Jugendsprache nervös macht.

Christiane Lutz

Acht Folgen, auf Amazon Prime.

Resident Evil

Was passiert: Wie immer in "Resident Evil", ob nun in den legendären Videospielen oder Hörbüchern, Zeichentrick-Serien, Comicbüchern sechs Filmen mit Milla Jovovich: die Zombie-Apokalypse. Die hat es diesmal offenbar zwischen 2022 und 2036 gegeben, und die Handlung nähert sich der Katastrophe von beiden Seiten an. Manche dürften das für völligen Schwachsinn halten. Alle anderen, und genau das macht ja auch Charme und Erfolg der Filme aus, dürften einen Heidenspaß haben.

Heimlicher Star: infizierte Hunde.

Nicht geeignet für: Leute, die mit permanenten und oft völlig unerwarteten Zeitsprüngen nicht zurechtkommen. Jürgen Schmieder

Acht Folgen, auf Netflix.

Better Call Saul

Was passiert: In den letzten Folgen dieser Serie verwandelt sich der Anwalt Saul (Bob Odenkirk) endgültig vom liebenswerten Schlawiner zum schamlosen Gesetzesdehner; seine Partnerin Kim (Rhea Seehorn) muss auf eine Art verschwinden, die erklärt, warum sie in der früher gedrehten, aber später spielenden Ursprungsserie Breaking Bad nie auch nur erwähnt wurde. Und natürlich schwebt über allem die Frage: Taucht Walter White noch einmal auf?

Heimlicher Star: Mike (Jonathan Banks), der Ausputzer des Drogen- & Hähnchen-Verkäufers Gus, der gar nicht so viel Blut wegwischen (lassen) kann, um alles sauber zu bekommen.

Nicht geeignet für: sentimentale Optimisten, die auf ein Happy End hoffen. Diese Serie war mal eine diebische Komödie. Jetzt wird sie zur Tragödie. Milan Pavlovic

13 Folgen, auf Netflix.

The Circle USA

Was passiert: Die Circle-Bewohner leben isoliert in eigenen Apartments, Kameras verfolgen sie ständig. Einziger Weg in dieser Reality-TV-Serie, miteinander ins Gespräch zu kommen, ist, Textnachrichten über die sprachgesteuerte Social-Media-Plattform "The Circle" zu schicken. Das ermöglicht, dass hinter den Profilbildern ganz andere Menschen stecken als gedacht.

Heimlicher Star: Seaburn Williams, der als "Rebecca" in sein Circle-Apartment einzieht. Und trotz dieser offensichtlichen Lüge die ehrlichsten Freundschaften findet.

Nicht geeignet für: Zuschauer, die bei Reality-TV an Ekelprüfung und Fremdscham denken- und das auch nicht ändern wollen. Johannes Korsche

4 Staffeln zu je zwölf bis 13 Folgen, auf Netflix.

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