Süddeutsche Zeitung

Schwedische Arte-Serie "Real Humans":Leben einer Schweinegesellschaft

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In der zweiten Staffel der schwedischen Arte-Serie "Real Humans" versklaven Menschen Roboter, die "Hubots" heißen. Das könnte trashig sein, wäre es nicht so bitter. Und deprimierend - wäre es nicht so bösartig witzig.

Von Nadia Pantel

Um herauszufinden, ob jemand ein Charakterschwein ist, muss man ihn zum überlegenen Wesen erklären und schauen, wie er mit seiner Macht umgeht. Im Versuchsaufbau der schwedischen Serie Real Humans verfügen die echten Menschen über Roboter, die ihnen hörig sind. Und siehe da: Der Zuschauer lernt nicht nur einzelne Charakterschweine kennen, sondern gleich eine ganze Schweinegesellschaft.

"Hubots" heißen die Roboter, die maschinenmäßig alles wegarbeiten, aber aussehen wie Menschen. Wenigstens aus der Distanz. Aus der Nähe wirken sie eher plastikartig. Die Haut: ohne Poren und Falten. Die Augen: mangagroß. Die Bewegungen: immer eine Spur zu zackig und vom feinen Surren der Hydraulik begleitet. Und wenn die Hubot-Damen sich ihr seidiges Haar aus dem Nacken streichen, geben sie den Blick auf ihren USB-Anschluss frei. Die Hubots leben mit den Menschen, und manchmal vergessen beide Seiten, dass Roboter eigentlich keine Gefühle haben sollten.

Es leckt blau aus Roboterwunden, es leckt rot aus Menschenwunden

Die erste Staffel Real Humans zeigte Arte im Frühjahr 2013, die zweite Staffel läuft nun ebendort an. Und wie es sich gehört für eine Zukunfts-Dystopie, wird in der Fortsetzung noch mal alles eine Spur finsterer. Unter den Hubots grassiert ein Virus, der die Betroffenen unkontrollierbar macht. Statt weiterhin wie Heinzelmännchen hinter den Menschen herzuräumen, laufen Hubots Amok, entführen Kinder, randalieren in der U-Bahn.

Es leckt blau aus Roboterwunden, es leckt rot aus Menschenwunden, und parallel versuchen besonders perfide Hubots die Weltherrschaft an sich zu reißen, während Teenager wahlweise auf Hubot-Erotik-Heftchen wichsen oder eine paramilitärische Menschen-Schutztruppe gründen.

Das könnte alles ziemlich trashig sein, wäre es nicht so bitter. Und es könnte deprimierend sein, wäre es nicht in guten Momenten so bösartig witzig. Real Humans-Erfinder Lars Lundström zeigt zwar durchaus Begeisterung für Spezialeffekte und Thrillerplot, er konzentriert sich jedoch vor allen Dingen auf das Beobachten menschlicher Abgründe. Als Hubot-Besitzer werden die Menschen zu Sklavenhaltern, und Lundström durchleuchtet in diesem Versuchsaufbau alle Facetten einer rassistischen Kolonialgesellschaft. Der Mensch will die Maschine als Freund, wenn er kritiklosen Zuspruch braucht, und als willenlosen Untergebenen, wenn es Drecksarbeit zu verrichten gibt. Je respektloser der Umgang mit den Hubots wird, desto schwerer wird es für den Einzelnen, Würde zu bewahren.

Real Humans - Echte Menschen , Arte, 21.45 Uhr

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Quelle:
SZ vom 15.05.2014
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