Süddeutsche Zeitung

Medienpolitik:Machtkämpfe, Heimlichkeiten, Überfinanzierung

Lesezeit: 2 min

Seit Jahren fällt die Sächsische Landesmedienanstalt durch Intransparenz auf. Als ein neuer Geschäftsführer eingesetzt werden sollte, gab es nun Proteste und Streit.

Von Cornelius Pollmer

Dass der Neue von einer Krankenkasse kommt, dürfte dem Patienten vorerst nicht viel helfen. Am Donnerstag wählte der Sächsische Landtag im zweiten Wahlgang Fabian Magerl zum Medienrat der gebührenfinanzierten Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM). Magerl ist Landesgeschäftsführer der Barmer, und er gehört nun einem Konstrukt an, das in den vergangenen Jahren so oft und arg durch Intransparenz, Querelen und Gschaftlhuberei aufgefallen ist, dass man gar nicht so recht weiß, an welcher Stelle man am besten anfängt, davon zu erzählen.

Die Probleme der SLM begannen schon unter und mithilfe von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU), und sie haben wesentlich zu tun mit einer Struktur, deren Logik sich selbst mit viel gutem Willen nicht erschließt. Die wichtigsten Gremien der SLM, die für Aufsicht und Zulassung privater Sender zuständig ist, sind der fünfköpfige Medienrat sowie eine "Versammlung", der Vertreter von 35 gesellschaftlich relevanten Gruppen angehören. Während dieser Versammlung durch das Sächsische Privatrundfunkgesetz kaum Rechte eingeräumt werden, kann der Medienrat fast ohne nennenswerte fachliche Aufsicht walten, wie er möchte. Wozu das in der Vergangenheit geführt hat, ist unter anderem beim Sächsischen Rechnungshof zu erfahren, der die Anstalt nicht allein wegen auch im Bundesvergleich saftiger Gehälter als "überfinanziert" einstufte.

Die Rede ist von Machtkämpfen, von Heimlichkeiten und Überfinanzierung

Welche Volten das eigentümliche Konstrukt auch in der Gegenwart ermöglicht, zeigte sich in den vergangenen Wochen in aberwitzigen Vorgängen um die Position des Geschäftsführers der SLM. Der Medienrat hatte diesen Posten neu besetzen wollen, der Versammlung erschien die entsprechende Ausschreibung allein schon wegen einer extrem kurzen Frist von zwei Wochen als unsauber und als unzulässig ausgerichtet auf den bisherigen Stellvertreter des nun geschassten Geschäftsführers.

Es gab Sitzungen und Proteste, Eskalationen und eine Aussetzung des Verfahrens, zudem ein Rechtsgutachten. Der Präsident des Medienrates, der vormalige Regierungssprecher Biedenkopfs und spätere Chef der Staatskanzlei Michael Sagurna (CDU), meldete sich krank. Unter der Hand berichten echte und scheinbar Beteiligte von Machtkämpfen und Machtverschiebungen im Medienrat und Spielchen in der Versammlung, sie berichten von der Sorge innerhalb der SLM, ein externer neuer Geschäftsführer könnte Heimlichkeiten ans Licht bringen, die besser Heimlichkeiten blieben. Und welche der Behauptungen nun stimmen, die Beteiligte übereinander erzählen, lässt sich kaum seriös prüfen, was wiederum erneut mit der Intransparenz der durch die Öffentlichkeit finanzierten SLM zu tun hat.

Dass nach der von der SLM verantworteten bundesweiten Vergabe einer Digitalradio-Lizenz eine viele Millionen schwere Klage droht, geriet wegen der Personalfragen zuletzt fast zur Nebensache. In Summe bleibt bei vielen Beobachtern der noch freundlich formulierte Eindruck, dass die SLM viel mehr mit sich selbst befasst ist als mit ihren eigentlichen Aufgaben.

Und nun? "Wir haben ein großes Gremium praktisch ohne Entscheidungskompetenz und ein kleines Gremium mit sehr großer Entscheidungsmacht, das kann nicht sein", sagt Dirk Panter, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag. "Eigentlich müsste man die komplette Struktur novellieren", findet Antje Feiks, Landesvorsitzende der Linkspartei, deren Landtagsfraktion am Donnerstag absichtlich ungültig wählte. Dass die SLM seit Jahren den Eindruck erwecke, nur ihr eigenes Süppchen zu kochen, sei "das falsche Signal, gerade für eine Branche, die sich so sehr im Umbruch befindet wie die Medien". Und auch Brunhild Fischer, Vorsitzende der Versammlung, sagt wenig überraschenderweise, die Struktur der SLM funktioniere nicht, sie sei "niemals zeitgemäß" gewesen und entspreche auch nicht "unserem Verständnis demokratischer Beteiligungs- und Entscheidungsprozesse. Es muss eine Neuordnung geben."

Zuständig für diese Neuordnung wäre die Landespolitik, von dort sind aber seit Jahren nur Man-müsste-Ansagen zu hören. Hoffnung mache ihm, sagt Dirk Panter, dass neben seiner SPD "auch Grüne, Linke und CDU inzwischen die Faxen dicke haben". Brunhild Fischer hingegen sieht gerade in der Wahl des CDU-Mannes Magerl keinen Aufbruch: Was sie nachdenklich stimme, sei die - wenn auch knappe - Mehrheit des Parlaments, "einfach weiterzumachen wie bisher".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4511600
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.07.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.