Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Ehestifterin mit Haltung

Elizabeth T. Spira hat im ORF über Jahrzehnte die Seele ihrer Landsleute erforscht. Nun ist sie gestorben.

Von Peter Münch

In den Bilanzen, die jetzt gezogen werden, stehen eindrucksvolle Zahlen: Tausende Menschen hat sie porträtiert, fast 300 haben mit ihrer Hilfe das Liebesglück gefunden, Dutzende Ehen wurden gestiftet und Kinder geboren. Mehr als 20 Jahre lang hat Elizabeth T. Spira im ORF mit ihrer Sendung Liebesg'schichten und Heiratssachen die Partnersuche befördert, und die Sendung ist durch sie zum Kult geworden. Dabei jedoch ist sie weit mehr gewesen als die oberste Kupplerin der Nation: eine Geschichtenerzählerin und Erforscherin der österreichischen Seelenlandschaft, die in mehr als 40 Fernsehjahren auch schon in der Dokumentarfilm-Reihe Alltagsgeschichten mit großem Aplomb die sogenannten kleinen Leute zeigte. Für den ORF war sie ein Quotengarant, ihre Popularität nutzte sie immer wieder auch für klare politsche Stellungnahmen gegen den Populismus und die Fremdenfeindlichkeit. Solche Haltung war ihr wohl tatsächlich in die Wiege gelegt worden, als sie 1942 in Glasgow geboren wurde - als Kind jüdischer und kommunistischer Emigranten, die vor den Nationalsozialisten geflohen waren. 1946 kehrte die Familie nach Österreich zurück. In ihrem TV-Werk hat Elizabeth Spira dann ihrer Heimat immer wieder den Spiegel vorgehalten. Mit 76 Jahren ist sie nun in Wien gestorben.

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Quelle:
SZ vom 11.03.2019
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